Tunesien Tag 12: Douz, Matmata, Toujene, Metameur, Römerdamm, Midoun – Und es kommt alles anders

Ein Bärendienst oder nicht?

geschrieben von Janni Mittwoch, 19. April 2017 um 23:56 Uhr

Beim Abendessen sind auch einige Polizisten der Nationalgarde anwesend. Der Nationalgarde (Überlandpolizei) sind wir bereits bei unserem Kamelritt begegnet.

Als Nachtisch gibt es zwei Sorten Eis: Schoko und ein Grünes. Es ist nicht wirklich Waldmeister. Wir einigen uns auf Islamgeschmack.

Hotelbewertung

SterneHotelnameZimmer
4Sahara DouzDZA, 1310
HotelReines Touristenhotel. An sich ganz nett. Hat wohl auch einen Thermaquellenpool, den ich aber nicht genutzt habe. Dumme Mückenplage...8/10
LageAbseits des Ortes, aber man kann im Ort eh nichts machen.5/10
ZimmerGroß. WLAN in den Zimmern. Geschwindigkeit ist stark wechselhaft. Das erste komplett stille Hotelzimmer seit sechs Nächten! Das Deutsche Fernsehsender: ZDF, Eurosport.8/10
BadezimmerEs gibt immer abwechselnd ein paar Sekunden nur heißen und nur kaltes Wasser. Dazwischen gibt es einen kurzen Zeitraum warmes Wasser. Macht das Duschen sehr kompliziert.6/10
SauberkeitOK.9/10
ServiceNachmittags und am späteren Abend kein Service. Versprochener Weckdienst nicht umgesetzt.3/10
AbendessenGut.8/10
FrühstückAuch gut, allerdings nur wenig Salat.7/10
GesamtwertungWeiterempfehlung: ja7/10

Als ich von meinem Handy aufwache – der Weckdienst hat uns vergessen –, ist es draußen sehr windig. Auf der Fahrt durch die Wüste bestätigt sich das.

Sandverwehungen
Sandverwehungen

Seit der Unabhängigkeit versuchten die Herrscher Tunesiens, die Nomaden sesshaft zu machen und auch die Höhlenmenschen von Matmata (dazu später) zu einem zivilisierten Leben zu überreden. Sesshaft gewordene Nomaden in Douz haben weiterhin Lager in der Wüste, um ihre Tradition zumindest im Frühjahr, teilweise auch im Herbst und in weiteren Monaten zu feiern.

Lager in der Wüste
Lager in der Wüste

Es erinnert mich an Diognes von Sinope, den Philosophen in der Tonne. (Ich kenne die Geschichte mit Alexander dem Großen jedoch auch so, dass Alexander Diogenes anbieten möchte, doch in die Stadt zu ziehen und nicht mehr in der Tonne zu leben, woraufhin Diogenes seinen berühmten Satz gesagt haben soll.)

In der Wüste gibt es viele Kamele. Die Kamele gehören alle jemandem. Das Dromedar existiert nur noch als Haustier (bzw. verwildert in Australien) und ist ansonsten ausgestorben (wie auch der Auerochse, von dem das Rind abstammt).

Kamel mit Ohrmarke
Kamel in der Wüste, Ohrnummer deutlich erkennbar

Plötzlich ist alles um uns herum voll mit einer blauen Blume. Sie verschwindet nach einigen Kilometern so abrupt wieder, wie sie aufgetaucht ist.

Ein Mitreisender, den alle nur „den Professor“ nennen und der alle Besichtigungen auf eigene Faust macht, versucht sich über eine halbe Stunde, im neuen Bus anzuschnallen, was schlichtweg nicht möglich ist.

Der Reiseleiter erzählt uns, das eine Kamel sei gestern durchgegangen, weil es dem Kamel zu heiß gewesen sei. Alles klar. Vermutlich ein so genanntes Polarkamel. Dann hatte ich wohl Glück, denn mein Kamel war schneeweiß. Laut Reiseleiter reitet man übrigens aus Anstand nur männliche Kamele.

Außerdem verspricht der Reiseleiter uns, dass im nächsten Hotel eine Überraschung auf uns wartet. Na dann.

Zunächst geht es aber weniger luxuriös zu:

Bei den „Höhlenmenschen“ von Matmata

Vor einem Wohnhöhlenkomplex
Wohnhöhlenpatio
Wohnhöhlenpatio

In der Gegend von Matmata hausen etwa 5.000 Menschen in Erdbauten. Wir besuchen eine Familie. Der Vater ist vor einigen Jahren gestorben. Wir bekommen ein Berberfrühstück von ihnen: Pfefferminztee, Fladenbrot, Olivenöl und Honig. Anders als der marokkanische Berber (Link zum Bericht vom letzten Berberfrühstück) nutzt der tunesische Berber offenbar keine Butter.

Die Familie bekommt dafür kein Geld vom Reiseleiter oder der Agentur sondern ausschließlich Spenden und Geld vom Verkauf von Honig.

Star-Wars-Hotel Matmata

Das Hotel Sidi Idriss Matmata (in allen anderen Quellen wird der Name fälschlicherweise „Hotel Sidi Driss“ geschrieben) wurde 1976 als Drehort für den ersten Teil von Krieg der Sterne verwendet.

Hotel Sidi Idriss
Hotel Sidi Idriss
Hotel Sidi Idriss
Hotel Sidi Idriss
ich als Stormtrooper verkleidet
„Die Rückkehr der Janni-Ritter“

Das Hotel selbst ist ein 0-Sterne-Hotel, hat den Krieg der Sterne also ganz offensichtlich verloren. Es dient als günstige Absteige für Rallyefahrer und ist eher mit einer Jugendherberge vergleichbar. Sanitäre Anlagen sind geteilt und Zimmer sollen laut Reiseleiter üblicherweise mit 5 oder 6 Betten ausgestattet sein. Uns wird extra ein Zimmer gezeigt, hierbei handelt es sich um ein Doppelzimmer. (Es sei denn, es gibt futuristische Star-Wars-Technologie, um mehr Menschen darin erträglich schlafen zu lassen.)

Zimmer im Hotel Sidi Idriss
Zimmer im Hotel Sidi Idriss

Wir machen noch einen Fotostopp an einem Aussichtspunkt in der Nähe von Matmata, bevor es zum Mittagessen zurück in die Stadt geht.

Mondlandschaft von Matmata
Ausblick: Mondlandschaft von Matmata
Falke (Wanderfalke?)
Falknerei haben bei Berbern lange Tradition. Touristen wird in Tunesien öfter angeboten, ein Foto mit einem Falken zu machen.

Auf dem Aussichtspunkt gibt es übrigens weiße Buchstaben mit dem Schriftzug Matmata (siehe Wikipedia). Nun ist es schon auf zwei Arten das Hollywood Tunesiens.

Mittagessen

Wir steigern uns und essen in einem 1-Sterne-Hotel (Les Berbères) Mittag. Das hat der Reiseleiter vorbestellt. Mir ist schon bei der Bestellaufgabe klar, dass wir definitiv nicht das bekommen, was wir bestellt haben – obwohl es nur drei Gerichte gibt: Brick (3 Dinar), Couscous mit Huhn (8 Dinar) und Coucous mit Gemüse (6 Dinar).

Man kann in dem Hotel natürlich auch übernachten. Es ist sehr ähnlich zum Star-Wars-Hotel. ÜF kostet 20 Dinar, HP 25 und VP 30. Zum Vergleich: Der Aufpreis von HP auf VP allein wäre in Sousse 30 Dinar gewesen. Ein Zimmer im Hotel in Tozeur kostete 130 Dinar. (Angaben pro Nase und Nacht.)

Prinzipien- statt Kamelreiter

Der Professor (eigentlich war er Wirtschaftsjurist) fängt eine Diskussion mit dem Reiseleiter über den Reiseverlauf an. Der Reiseverlauf laut Buchung sieht nämlich zwei Tage auf Djerba vor. Der Reiseverlauf, den der Reiseveranstalter verteilt hat, sieht einen Tag Oase Zarzis und einen Tag Gabés vor. Und der Reiseverlauf, den der Reiseleiter mit uns vor hat, zwei Tage Zarzis. Anschließend folgt stets eine Nacht in Sousse, von der für mich nicht viel übrig bleiben wird, da mein Flug sehr früh gehen wird.

Anschließend schaukelt sich eine Diskussion hoch, da arabische und juristische Mentalität trifft.

Pass bei Toujene

Vom Pass hat man eine großartige Aussicht auf die Dörfer im Tal, die leider von einer Leitplanke versperrt wird.

Wir machen auch einen Fotostopp. Der dortige Souvenirladen hat wie so viele geschlossen. Traurig ist das. Depression ist aber nicht drin. Das westlichste Schott ist übrigens eine Depression.

Als ich ein Foto von der Gegend, die man auch vom Pass aus sieht, machen will, werde ich von Bienen angegriffen. Ich werde in die linke Wange gestochen und renne ich von einer Tarantel (statt einer Biene) gestochen zum Bus zurück. Eine Mitreisende gibt mir Fenistil. Daher nur ein weniger spektakuläres Bild aus anderer Richtung.

Landschaft bei Toujene
Landschaft bei Toujene, ein Ort, der ein Schicksal wie die Dörfer vorgestern erlitt

Inzwischen hat der Reiseleiter mit der Agentur telefoniert. Wir werden auf ein Hotel auf Djerba umgebucht. Die meisten klatschen, ich eher für das Engagement zur Beilegung des (eher albernen) Konflikts.

Metameur

In Metameur besichtigen wir ein Ksar (Pl. Ksour), eine Berber-Speicherburg. Sie ist für Völker, die zumindest in Teilen nomadisch leben und ihr Hab und Gut irgendwo lassen müssen. Ich zähle 104 Kammern, von denen einige als Hotel genutzt wurden. Behauptet der Reiseleiter. Ich inspiziere die Räume, es sieht sehr danach aus, als ob man da auch heute noch ein Zimmer mieten könne. Es gibt in der Umgebung allerdings noch weitere Kammern und eine von weitem sehr schön aussehende Moschee, die wir aber nicht näher besichtigen.

Ksar
Speicherburg
Ksar-Zimmer
Speicherburg-Zimmer

Insel Djerba

Wir fahren über den Römerdamm, der auch eine Pipeline für die Wasserversorgung enthält. Der Ansatz zum Damm kommt wohl von den Römern oder gar Puniern, fertig gebaut haben ihn die Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg. Auf halber Strecke machen wir Halt für eine Fotopause:

Römerdamm
Römerdamm

Wir fahren weiter durch die Insel, zuerst durch Houmt-Souk, dann weiter zu unserem Hotel.

Der Reiseleiter erzählt, die Überraschung im anderen Hotel wäre gewesen, dass Getränke inklusive seien und dass morgen tunesischer Abend mit nur tunesischen Spezialitäten sei. Eigentlich denken wir alle, dass uns die Agentur jetzt eins auswischen will. 3 Sterne (weil sie weniger nicht dürfen) und heruntergekommen. Der Reiseleiter, der das Hotel nicht kennt, spricht mit dem Busfahrer: Der war schon mal hier. Das gute am Hotel, es hat die schönste Disko Tunesiens. Und das schlechte, es liegt nicht am Strand.

Das Hotel

Green Palm heißt das Hotel. Es hat auf jeden Fall schon mal vier Sterne. Das hebt die Stimmung. Dass das Hotel mit einem Sonderpreis von 55 Dinar pro Nacht und Nase wirbt, senkt die Stimmung, in Erwartung, die Agentur wolle uns ärgern.

Wir bekommen unsere Zimmerkarten. Keiner weiß so recht, wann es Abendessen gibt. Auf der Rückseite des Umschlags sind die entsprechenden Felder nicht ausgefüllt. „Wahrscheinlich können wir uns das aussuchen“, meine ich, und trage 17 Uhr (unsere Ankunftszeit) bis 24 Uhr ein.

Meine Zimmerkarte funktioniert nicht, also gehe ich zur Rezeption. Die Karte wird neu programmiert.

Meine Zimmerkarte funktioniert nicht, also gehe ich zur Rezeption. Der Kofferträger wird angewiesen, seine Generalkarte zu verwenden. Das funktioniert und ich soll mir eine neue Karte holen. Genau wie sonst nur beim letzten Hotel musste ich bei der Zimmervergabe angeben, dass ich nur ein Einzelzimmer brauche. Diesmal bekomme ich auch erstmalig auf der Reise tatsächlich kein Doppelzimmer. Sondern ein Dreibettzimmer! Yay!

Meine Balkontür lässt sich allerdings nicht richtig schließen und bleibt einenhalben Zentimeter offen stehen. Da ich gestern von 10 Minuten am Pool des Hotels in Douz bereits fünf Mückenstiche davongetragen habe – der Stich vom Nachmittag ist bereits nicht mehr spürbar – möchte ich ein neues Zimmer. Gibt es aber nicht. Hotel ist wahrscheinlich ausgebucht.

Oh wait, wir sind ja in Tunesien. Das Wort „ausgebucht“ wurde 2011 vermutlich aus deren Äquivalent zum Duden gestrichen. Ergäbe zumindest Sinn, genau so wie dass in der DDR das Wort „Reisefreiheit“ (lange Zeit) fehlte.

Stattdessen wird der Kofferträger angewiesen, sich das anzusehen. Er ruft den Techniker mit dem Zimmertelefon. Als er den Hörer auflegt, ist der Techniker auch schon da. Die beiden bauen die Tür aus. Der Techniker geht weg.

Zehn Minuten später. Spätestens jetzt sind wahrscheinlich eh genug Mücken im Zimmer. Der Kofferträger macht sich aus Langeweile den Fernseher an. Kurz darauf kommt der Techniker wieder. Anders als von mir erwartet hat er nicht nach einem raren Ersatzteil gesucht, sondern einen Akkuschrauber. (Schraubenzieher hatte er vorher schon dabei.) Der Kofferträger stellt anschließend schnell noch France24 Arabic ein und die beiden machen sich an die Arbeit.

Nachdem fünfzehn Minuten vergangen sind und die beiden die Tür viermal wieder eingehängt haben, ist das Spalt kleiner geworden. Mücken kommen wahrscheinlich immer noch durch, die Straße ist auch noch deutlich hörbar und die Cyclone-Disko später wahrscheinlich ebenfalls. Ich akzeptiere das nicht und bekomme ein neues Zimmer. Das ist ein Einzelzimmer. Man hat mir einfach ein Zimmer ohne Balkon gegeben (gab es auf der Reise ebenfalls sonst nur im letzten Hotel). Gute Taktik.

Die Lüftung ist anders als beim letzten Zimmer, in das ich zum Vergleich extra noch einmal mit der nun endlich in meinem Besitz befindlichen Zimmerkarte gehe, deutlich hörbar. Die Straße ist dafür leiser. Der Kofferträger übernimmt die Rolle des Obstkorb-Trägers, nachdem er die Rolle als Hilfstechniker bereits ebenfalls übernommen hat. Vielleicht sollte man ihn jetzt Universalmensch nennen.

Ich hole mir eine Zimmerkarte für das neue Zimmer, die auch funktioniert. Die Rezeption hat ebenfalls gut auf meine Wasserflasche ausgepasst, die ich beim Check-In in der Lobby vergessen habe. Beim Check-In ist in Tunesien verpflichtend eine Karte mit diversen Informationen auszufüllen: Name (inkl. Geburtsname), Geburtsdatum und -ort, Wohnort (teilweise auch Adresse), woher man gerade kommt, wohin man geht, Pass-/Personummer (Tunesien ist eines der wenigen Länder, in die Deutsche mit dem Perso einreisen können, anders als z.B. die Türkei werden aber als weitere Einsreisedokumente ein Rückflugticket und Hotelvoucher benötigt), Ausstellungsdatum, meistens noch Ausstellungsort. Überprüft hat das bisher keiner, man braucht also nur eine ausreichend gute Fantasie. Obgleich verpflichtend, mussten wir diese Karte in Douz und Kairouan nicht ausfüllen. Ob das damit zusammenhängt, dass wir nur eine Nacht da waren, weiß ich nicht. In Marokko wurde übrigens vom Reiseleiter eine Liste rumgegeben, wo jeder diese Informationen eingetragen hat und die anschließend kopiert wurde.

Als ich im Infoheft blättere, steht da zur Disko, man könnte „until the early hours“ tanzen... Ich hoffe, das Heft hat genau so unrecht wie das Heft im El Mouradi Tozeur mit dem Katzenrestaurant.

Dann geht es zum Abendessen. Wir denken zuerst, wie haben uns im Restaurant geirrt, weil hier alles ziemlich gut ist. Das lustige: Es ist tunesischer Abend und die Getränke sind inklusive. Auch Wein. „Und du bist dir sicher, dass du das andere Hotel meintest, als du sagtest, die Getränke seien inklusive und es ist tunesischer Abend?“, frage ich den Reiseleiter im Restaurant. „Ja, da ist der tunesische Abend morgen.“, sagt er. Das Abendessen ist sehr gut und dürfte im anderen Hotel kaum besser gewesen sein. Sicher ärgert er sich etwas, das uns der Professor nicht eine heruntergekommene Bleibe eingebracht hat.

Ich gehe mit den beiden „Neuen“ um das Hotel. Es gibt einen Außenpool (zusätzlich zu einem Innenpool), Tennisplatz, Spielplatz und eine Bogenschießanlage. Da man nicht um das Hotel laufen kann, kriechen wir direkt neben dem Wachhäuschen durchs Gebüsch. Stört den Wächter nicht. Wahrscheinlich wäre kein Krimineller so doof, erst durchs Gebüsch zu schleichen und dann direkt durch den Haupteingang ins Hotel zu laufen.

In der Lobby läuft Musik. Der Laptop, auf dem auch die Producersoftware Fruity Loops läuft, ist verlassen. Während ich noch nachdenke, was ich für größtmögliches Chaos anmachen könnte, kommt aber der DJ zurück.

So, jetzt ist aber Zeit zum Bloggen, also ab ins...

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