Istanbul II In die Stadt

Und zum Abschluss nochmal Touristanbul! Diesmal durch Balat.

geschrieben von Janni Sonnabend, Silvester 2022 um 20:19 Uhr

Überpünktlich losgekommen, zu spät landen. Das kann nicht nur Air Serbia, Turkish Airlines kann es auch! In der Vergangenheit war das eher vorgekommen, wenn die Route mit einem 333 geflogen wurde, der 359 hingegen war sonst viel schneller. Wahrscheinlich hatten wir Gegenwind, denn wir hatten auch ganz gut Turbulenzen. Bei der TK wird das immer durchgesagt mit sehr langen, voraufgezeichneten Texten. Andere Fluggesellschaften gehen stattdessen durch die Kabine und wecken Passagiere, die nicht erkennbar angeschnallt sind.

Egal. Also erstmal wieder in die Türkei einreisen. Dazu wieder Passkontrolle und wieder durch den Duty Free (Tipp: hinter der Passkontrolle gibt es links vorm Eingang zum Duty Free kostenlos Trinkwasser zum Abfüllen) weiter zur (für mich nicht nötigen) Gepäckausgabe und dann raus zum Schalter. Immerhin weiß ich diesmal schon, wo er ist, nämlich rechts rum und dann ganz am Ende. Trotz Verspätung komme ich gegen 7 Uhr am Touristanbul-Schalter an und kann dort meine Bibel-Tour sichern. Warum Bibel-Tour? Nach 11 Stunden im Flieger will ich wenigstens ein bisschen Bewegung bekommen, statt 3,5 Stunden im Bus zu sitzen (davon jeweils 1 Stunde Fahrt nach/von Istanbul (griechisch is tou poli, zu dt. „in die Stadt“), also effektiv 1,5 Stunden in der Stadt), um rund 20(!) Sehenswürdigkeiten gezeigt zu bekommen, was also vermutlich heißt, einfach daran vorbeizufahren.

Die Bibel-Tour ist sogar noch eine halbe Stunde länger und wir sind nur zu sechst (die Mindestteilnehmerzahl für Touristenabul ist 1). Sie ist recht neu und wurde erst vor einem Monat eingeführt. Die Touren haben intern andere Nummern als auf der Website, wo die derzeit angebotenen Touren nach Startzeit durchnummeriert werden. Die Bibel-Tour heißt T25, die zeitgleich startende Sightseeing-Tour heißt T22 und die abendliche Bosporus-Rundfahrt vom letzten Mal heißt T24. Die beiden größeren Rundgänge, für die ich leider keine Zeit habe, heißen T01 und T02. Diese Nummer und der Ablauf stehen auf einer Karte, die man bekommt. Dazu bekommt man oft noch ein Band, mit dem man sich die Karte um den Hals hängt. Beides kann man behalten.

Wir fahren pünktlich um 8 los zur bulgarischen St.-Stefan-Kirche, unserem ersten Halt in Balat, wo wir dank erneut etwas Stau gegen kurz nach 9 ankommen. Es ist auch der einzige Halt, denn die Tour geht ab hier zu Fuß.

Nachdem bei meinem Abflug in Kapstadt die Wetter-Online-App noch 80% Regenwahrscheinlichkeit vorhersagte, steht dort jetzt strahlender Sonnenschein für die Dauer der Tour. Tatsächlich ist es wechselnd bewölkt.

Sonnenaufgang über Istanbul
Sonnenaufgang über Istanbul

Es gab mal 25% Christen in Istanbul. Nach dem Bevölkerungstauschen zwischen der Türkei und Griechenland ging es auf weniger als 5% runter, heute sind es noch ein halbes Prozent.

Als erstes besuchen wir die St.-Stefan-Kirche. Sie ist 1898 gebaut worden, nachdem eine von Stefan Boridi (die Namensgleichheit ist Zufall) privat gegründete Kirche in einem Holzhaus abgebrannt war. Brände waren in Istanbul häufig die Folge von Erdbeben. Vor der Kirche steht eine Büste von Bogoridi.

Bei der Kirche gibt es eine Katze. Die gehöre zur Kirche, meint der Führer, und sei immer hier. Man kann sie streicheln, aber sie interessiert sich sehr für unsere Führer, der eine Katzenallergie hat. „Die Wissen das und gehen immer zu diesen Leuten“, meint er. Als ich mich hinknie, kommt die Katze zu mir. Sie interessiert sich aber vor allem für die Bänder, die von meinem Kamera-Tragegurt herabhängen.

Katze der St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul)
Katze der St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul)

Die St.-Stefan-Kirche ist eine so genannte Eiserne Kirche. Das heißt, sie besteht aus vorgefertigten Gusseisenteilen, wodurch man schnell neue Gebiete mit Kirchen erschließen konnte. Außerdem funktioniert dieses Prinzip auch auf dem eher weichen Boden an diesem Standort. Die Kirche wiegt 500 Tonnen.

An den Wänden erkennt man, dass die St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul) aus Eisen besteht.
An den Wänden erkennt man, dass die St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul) aus Eisen besteht.
Morgenstimmung an der St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul)
Morgenstimmung an der St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul)

(Ein Foto von innen folgt weiter unten.)

In einem Hof mit einem Café können wir uns umsehen. Auffällig sind die bunten Holzhütten, Regenschirme und die Topflappenbäume. Wir können uns hier kurz umsehen.

Regenschirm-Hof in Balat (Istanbul)
Regenschirm-Hof in Balat (Istanbul)
Topflappenbaum in Balat (Istanbul)
Topflappenbaum in Balat (Istanbul)

Dann geht es weiter. In Balat sind viele Häuser verlassen und verfallen so langsam, da es hohe Anforderungen an den Denkmalschutz gibt, der ihre Renovierung im Stile von damals vorschreibt. Das ist nicht nur teuer, sondern man muss auch erstmal Handwerker – vor allem Zimmerleute, da die Häuser zu großen Teilen aus Holz bestehen – finden, die das können.

Bunte Treppe in Balat (Istanbul)
Bunte Treppe in Balat (Istanbul)

Auf unserem Weg liegt die Kirche von St. Maria der Mongolen aus dem Jahr 1264. Sie ist die einzige Kirche, die von den Osmanen nicht zu einer Moschee umgewidmet wurden. In einem der Kriege der Osmanen hielten sich hier die Griechen versteckt und es gab erbitterte Kämpfe, die mit einem Pyrrhus-Sieg der Türken endeten, weshalb die Kirche von den Türken als „blutige Kirche“ bezeichnet wird. Dass sie komplett rot ist, spielt bei der Benennung keine Rolle.

Wir gehen vorbei an der griechisch-orthodoxen Schule. Sie ist eine Privatschule mit nur 60 eingeschriebenen Schülern zwischen 12 und 17 oder 18 Jahren.

Kuppeldetail der griechisch-orthodoxen Schule in Balat (Istanbul)
Kuppeldetail der griechisch-orthodoxen Schule in Balat (Istanbul)

Eines der beiden Pärchen ist abhanden gekommen. Der Führer sucht es in den umliegenden Straßen. Einige aus der Gruppe haben aber gehört, dass sie die Tour verlassen wollen. Wir kaufen daher einen Kaffee in einem Café, das Kreditkarten akzeptiert. Für einen Euro bekomme ich jetzt 10× so viele Lira wie bei meinem Türkei-Urlaub vor zehn Jahren.

Auch das andere Pärchen verlässt danach die Tour, aber wie es sich gehört mit dem zugehörigen Formular. Das also meinte der Führer bei meiner ersten Tour mit „Verlusten“. Den letzten Programmpunkt machen die verbliebenen zwei Teilnehmer, eine slowakische Studentin für Internationale Angelegenheiten und ich, dann mit dem Führer allein. Sie scheint anders als ich religiös zu sein.

Graffiti in Balat (Istanbul): Rotkäppchen serviert Pommes bei McDonald’s unter auf den Augen des Bösen Wolfs, Ronald McDonald
Graffiti in Balat (Istanbul): Rotkäppchen serviert Pommes bei McDonald’s unter auf den Augen des Bösen Wolfs, Ronald McDonald

Unser letzter Besuch ist bei der griechischen Georgskathedrale. Der Namensgeber stammt sogar aus der Türkei, nämlich aus Kayseri. Vorher müssen wir dort durch eine Sicherheitskontrolle, ähnlich wie am Flughafen (in der Türkei findet am Eingang zu Flughäfen eine Vor-Sicherheitskontrolle statt, da darf man auch noch Getränke mitnehmen). Es erweist sich als hilfreich, dass ich die griechische Schrift lesen kann, da einige Reliquien nicht dort stehen, wie der Führer denkt.

In der Georgskathedrale von Balat (Istanbul)
In der Georgskathedrale von Balat (Istanbul)

Die Kathedrale sieht vorne wie ein ganz normales Haus aus. Als wir nach dem Besuch noch auf Toilette gehen, sehen wir die Kathedrale von hinten. Da sieht sie aus wie eine ganz normale griechisch-orthodoxe Kirche, die nicht getüncht ist. Da die Steine und der Mörtel (oder so) deutlich sichtbar sind, ist das Gebäude in Erdfarben gehalten.

Wir haben noch Zeit, nochmal in die St.-Stefan-Kirche-Kirche zu gehen. Die Sonne steht jetzt höher und scheint durch die bunten Fenster. Die Fenster haben keine richtigen Fensterbilder sondern vergleichsweise einfache Muster in aus rot, blau und gelb (siehe auf dem folgenden Bild hinten rechts und links der Bildmitte).

St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul), jetzt mit Sonne
St.-Stefan-Kirche in Balat (Istanbul), jetzt mit Sonne

Dann geht es zurück zum Flughafen. Wie auch der Führer der ersten Touristanbul bleibt auch dieser hier und fährt nicht zum Flughafen zurück. Wir geben ihm etwas Trinkgeld. Die andere Teilnehmerin gibt es ihm 2 Euro, ich möchte gerne mehr als 5 aber weniger als 10 geben. Ihr nehme die 2 Euro, gebe einen 10-Euro-Schein und kläre sie auf: Wenn man Trinkgeld gibt, sollte man beachten, dass Leute Münzen in Fremdwährung nicht wechseln lassen können. Wusste ich auch nicht, bis mich in Marokko jemand aufgeklärt hat. Tut euch am besten mit anderen Leuten zusammen, die ebenfalls eure Währung haben, und gebt einen Geldschein.

In Hamburg setzen wir sehr hart auf. Ich würde das für die schlechteste Landung halten, die ich bisher hatte. Gefolgt vom Hinflug Mallorca II und Kanaren II. Mein Koffer kommt wieder ziemlich weit am Ende – in vor anderthalb Wochen in Gqeberha war er sogar der letzte.

Dann ab nach Hause. Verdammt ist das kalt.

In Hamburg sagt man ‚Brrr‘, beim Vor-die-Türe-Geh’n.
In Hamburg sagt man ‚Brrr‘, beim An-der-Alster-Steh’n.

Und so heißt es dann das erste Mal nach über 3 Wochen wieder Maske tragen. Was hab ich es vermisst – nicht!


So, das war’s mit dieser Reise. Es folgt eine voraussichtlich insgesamt 23-teilige Blogserie in 4 Gruppen, die erst später öffentlich einsehbar wird.


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Südafrika III Tag 23: Kapstadt, Canal Cruise, Harbour Cruise, Tafelberg, Kapstadt – Ganz tief, ganz hoch und noch höher

Erst aufs Wasser, dann auf den Tafelberg

geschrieben von Janni Sonnabend, Silvester 2022 um 19:49 Uhr

Um kurz nach halb 5 wache ich auf. Passt, ich wollte eh gegen 4:45 die Blaue Stunde fotografieren. Tatsächlich passt meine Schätzung sehr gut, denn um genau die Zeit mache ich dieses Bild:

Strand St in Kapstadt morgens in der Blauen Stunde im Mondschein, hinten links der Signal Hill
Strand St in Kapstadt morgens in der Blauen Stunde im Mondschein, hinten links der Signal Hill

Leider fällt mir erst später auf, dass der Fensterrahmen oder die Laibung sichtbar ist. Das kann man ja zum GLück abschneiden


Nach dem Checkout bestelle ich mir einen Uber und fahre damit zur Waterfront. Da die Hop-On-Hop-Off-Busse von City Sightseeing (mit zwei Ausnahmen abends) ausschließlich im Uhrzeigersinn fahren, ist es ziemlich blöd für alle, die die bei den Tickets oft enthaltenen Bootsfahrten machen wollen und in der Innenstadt abgestiegen sind, da sie die komplette Tour fahren müssten. Oder halt mit Uber. Oder 2 bis 3 Kilometer zu Fuß.

Es ist zwanzig vor 9, ein Heißgetränk ist drin und dann ab zum Anleger. Die Kanalrundfahrt ist ein ganz normales Transportmittel mit 4 Haltestellen und kann an einem Tag beliebig oft genutzt werden. Wie auch in den Bussen kann man Kopfhörer einstöpseln und bekommt dann was erzählt. Die Sprache kann man wählen. Es gibt 13 Sprachen und einen englischen Kommentar für Kinder.

Kanal an der V&A Waterfront
Kanal an der V&A Waterfront

Und so fährt dann der Pöbel – zunächst ich allein auf dem Boot – an lauter unbezahlbaren Apartments vorbei, von denen die kleinsten 10 Millionen Rand (also gut eine halbe Million Euro) kosten.

Kronenscharbe
Kronenscharbe

Der Kanal ist 3 Meter tief und die speziell dafür angefertigten Brücken sind beweglich, damit Yachten hindurchpassen. Geschlossen haben sie eine Lichte von 2 Metern. Als die Rundfahrt neu eingerichtet wurde, passte die ausgebuchte Jungfernfahrt durch, aber die Rückfahrt ohne Fahrgäste blieb stecken. Dann musste das Dach abgesägt werden.

Identitätskrise: Eine Kronenscharbe und sitzt inmitten von Hartlaubmöwen
Identitätskrise: Eine Kronenscharbe und sitzt inmitten von Hartlaubmöwen

Der Kanal ist mit Meerwasser gefüllt. Es wird durch Pumpen alle 3 Tage komplett ausgetauscht. Die Lage von Kapstadt begründet sich übrigens dadurch, dass es hier einmal durch den Tafelberg viel Süßwasser gab. Inzwischen kennt man Kapstadt vor allem durch seinen Wassermangel im Sommer.

Neben den Kanalrundfahrten findet auch Wassersport statt, derzeit vor allem SUP.


Tafelberg hat immer noch zu. Zu windig. Dann kann ich ja, wo ich schon mal hier bin, noch die Hafenrundfahrt durch das Victoriabecken machen, die auf meinem Busticket inklusive ist. Sie wird damit beworben, dass man Robben sehen kann. Aber die liegen bereits am Anleger auf einer speziell dafür angelegten Plattform herum. Die Plattform ist nur etwa anderthalb Meter vom Anleger entfernt. Ein Schild am Eingang zum Anleger warnt zudem vor Ottern (Kapotter – der lebt aber in ganz Afrika südlich der Sahara), aber ich sehe keine Otter.

Südafrikanischer Seebär
Südafrikanischer Seebär

Nachdem man eine Fahrerin für das Boot gefunden hat, geht es los.

Einzige Klappbrücke der südlichen Hemisphäre im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
Einzige Klappbrücke der südlichen Hemisphäre (hat offenbar keinen Namen)
V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt. Robben-Island-Museum rechts, dahinter der Uhrturm von 1882
V&A-Waterfront-Hafen. Rechts das Robben-Island-Museum, dahinter der 1882 errichtete rote Uhrenturm, das älteste Gebäude des Hafens.
V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt: Zeitz-Museum links
V&A-Waterfront-Hafen. Der Kornspeicher links war früher das zweithöchste Gebäude Afrikas (nach den Pyramiden von Giseh) und ist heute das Zeitz-Museum, das sich als einziges ausschließlich afrikanischer Kunst widmet
Mondfisch im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
Mondfisch
Südafrikanischer Seebär schläft in einem großen Reifen im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
„I’m feeling tired“
Schimmender Kran „Nkunzi“ im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
Diesen schwimmende Kran, dessen einheimischer Name Nkunzi übersetzt „Bulle“ lautet, braucht nur 4 Leute Besatzung und kann für 3000 ZAR pro Stunde gemietet werden – das erscheint mir sehr günstig
Restaurant Quay Four im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
Das Quay Four ist das Restaurant mit dem höchsten Bierkonsum in Afrika. 1995 wurde mit 19.000 Litern ein Rekord aufgestellt – Grund war der Sieg Südafrikas im Rugby-Worldcup.
Südafrikanischer Seebär springt im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt wie ein Delfin aus dem Wasser
Identitätskrise: Dieser Seebär wäre wohl lieber ein Delfin geworden
Netzleger SAS Somerset im V&A-Waterfront-Hafen in Kapstadt
Die SAS Somerset der letzte Netzleger (ein Schiff, um U-Boote mit Netzen aufzuhalten) der Welt, 1941 gebaut

Oh, der Tafelberg hat seit kurzem geöffnet. Dann mal schnell hin, bevor sich das herumspricht!

Im Bus noch die Kommentare anhören: „Ein Besuch von Robben Island ist sehr beliebt. Buchen Sie rechtzeitig!“ – Okay... Ich hab gestern meine Fahrkarte zwar 10 Minuten vorm planmäßigen Boarding (40 Minuten vor der offiziellen Startzeit) gekauft, aber gut.

Eigentlich soll man die Fahrkarten ohne Anstehen im Bus kaufen können, aber das ist wohl nicht der Fall. Da zu viele Leute an dem kleinen Container anstehen, kaufe ich sie dann online. Man kann sich mit seinem Google-Konto anmelden, was überhaupt nichts bringt. Man muss trotzdem alles ausfüllen und ein Konto anlegen. Genau so kompliziert wie bei Robben Island. In den Bussen in Malta hat man einfach irgendwo die Kreditkarte drauf gehalten und zack hatte man ein Ticket.

Seilbahn auf den Tafelberg
Seilbahn auf den Tafelberg – im Tal gibt es zwei Halteplätze, auf dem Berg aber nur eine – interessant

Die Seilbahn wurde 1929 eröffnet, aber die erste Million Fahrgäste hatte man erst nach 29 Jahren zusammen. Heute fahren pro Jahr 800.000 Leute damit.

Blick von der Seilbahn runter auf Kapstadt, links der Signal Hill
Blick von der Seilbahn runter auf Kapstadt, links der Signal Hill

Es ist wenige Minuten nach 12. Ich frage, ob ich noch beim geführten Rundgang mitmachen kann, der zu jeder vollen Stunde zwischen 10 und 15 starten soll. Der ist aber gar nicht gestartet, der nächste geht um 13. Also schaue ich mich alleine um.

Die Südafrikaner benutzen übrigens überwiegend die 24-Stunden-Uhr, wenn sie Zeiten aufschreiben. Das zusammen mit der englischen Sprache finde ich etwas irritierend, da die ja sonst meist mit der 12-Stunden-Uhr genutzt wird, und weiß nicht, ob man 13:30 auch anders sagen kann als „half past one“. Wobei ich mich bei meinem Blog auf Deutsch auch nicht an die Standardsprache halte. Im Internet finde ich keine klare Antwort, im konkreten fall würde man 13 30 als zwei Zahlen sagen, zur vollen Stunde würde 13 Uhr wohl auch gehen.

Vor einem Monat ist hier zwei Tage lang ein Feuer durchgefegt. Es wurde mit Heli gelöscht. Eigentlich brauchen die Protea einmal alle zehn, fünfzehn Jahre einen ordentlichen Waldbrand. Deshalb wird in anderen Regionen auch kontrolliertes Feuer gelegt. Aber in einem Unesco-Naturerbe dürfen sie das nicht. Die Protea vermehren sich dann nur langsam, erklärt mir der Guide auf der Tour um 13.

Tafelberg von Kapstadt nach einem Waldbrand
Tafelberg von Kapstadt nach einem Waldbrand
Watsonia tabularis auf dem Tafelberg in Kapstadt
Watsonia tabularis auf dem Tafelberg in Kapstadt – klar, sie heißt ja nicht umsonst so
Schluchten am Tafelberg in Kapstadt
Wer nicht mit der Seilbahn auf den Tafelberg von Kapstadt kommt, der kommt halt zu Fuß durch Schluchten wie diese hoch
Kleinschuppiger Scheingürtelschweif (Pseudocordylus microlepidotus) in einer Spalte auf dem Tafelberg von Kapstadt
Kleinschuppiger Scheingürtelschweif (Pseudocordylus microlepidotus) in einer Spalte auf dem Tafelberg von Kapstadt
Auf dem Tafelberg von Kapstadt ein Blick über den Wolken in Richtung Kap
Auf dem Tafelberg von Kapstadt ein Blick über den Wolken in Richtung Kap, zu sehen sind die Woodhead- und Hely-Hutchinson-Wasserauffangbecken (1897 errichtet)
Weg auf dem Tafelberg von Kapstadt
Weg durch den unverbrannten Teil des Tafelbergs von Kapstadt

Dann beginnt die Führung. Bis auf die Story zum Waldbrand erfahre ich nicht viel Interessantes. Irgendwann verliere ich die Gruppe, weil in der Nähe ein Goldbrust-Nektarvogel landet, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er ist nicht scheu und man kommt auf ein oder zwei Meter heran.

Goldbrust-Nektarvogel auf dem Tafelberg in Kapstadt
Goldbrust-Nektarvogel

Dann schaue ich mich noch ein bisschen auf dem befestigten Teil des Tafelbergs um.

Kapstadt City Bowl vom Tafelberg aus, links der Signal Hill, dahinter Robben Island
Kapstadt City Bowl vom Tafelberg aus, links der Signal Hill, dahinter Robben Island
Blick vom Tafelberg auf Camps Bay bei Kapstadt
Blick vom Tafelberg auf Camps Bay bei Kapstadt

Ich bin zutiefst enttäuscht, hier keinen Klippschliefer gesehen zu haben. Ich frage nach: Es streife wohl gerade ein Karakal umher, der die Population stark dezimiert habe, sagt man mir. Dann geht es wieder runter.

Luftbild vom Löwenkopf in Kapstadt, hinten rechts Robben Island
Luftbild vom Löwenkopf in Kapstadt, hinten rechts Robben Island

In den Gondeln ist jeweils ein Fahrer oder eine Fahrerin, die in der Mitte auf einem Podest stehen, das sich anders als der Rest der Gondel nicht dreht. Dort befinden sich die Knöpfe zum Steuern der Gondel. Die Türen an der Station werden hingegen vom Fahrer mit einer handelsüblichen Fernbedienung geöffnet. Ich frage die Fahrerin auf der Rückfahrt, ob auch sie Ohrensausen hat. Ja, sagt sie, jedes Mal.


Ich lasse mich mit Uber wieder zur Haupthaltestelle der Hop-On-Hop-Off-Busse bringen und esse in einem nahen Laden, in dem sich außer mir nur Einheimische aufhalten, ein Gatsby (ein für Kapstadt typisches Sandwich, in meinem Fall mit Pommes, Ei, Salat und Soße). Selbst die von mir bestellte halbe Portion für 45 Rand (ca. 2,50 Euro) ist gigantisch. Meine letzten paar Rand investiere ich in eine Iced Hot Chocolate und einen Brownie in dem Café neben der. Die Rechnung für die Uber-Fahrt ist immer noch nicht da...

Ich gehe ins Hotel, packe meine Sachen und siehe da, die Uber-Rechnung ist da. Statt 56 ZAR soll ich jetzt 133 bezahlen, da das Ende der Fahrt nicht erkannt wurde und ich laut Uber zum anderen Ende Kapstadts gefahren bin. Ich fahre zum Flughafen. Auch da wird das Ende nicht erkannt, was daran liegen dürfte, dass mich der Fahrer im untersten Stockwerk eines Parkhauses absetzt.

Ich beschwere mich bei Uber. Die Beschwerde wird abgelehnt. Ich beschwere mich nochmal und weise darauf hin, dass zwischen dem Ende meiner vorletzten und dem Anfang der letzten Fahrt keine halbe Stunde liegt – in der ich aber demnach einmal quer durch Kapstadt gefahren sein muss. Das akzeptieren sie dann.

Das riesige Internetvolumen auf meiner SIM-Karte ist wieder weg. Es wurde aber nicht das ganze Tebibyte abgezogen sondern auf den Stand von davor zurückgesetzt, sodass es wohl Tage mit einer kostenlosen Aktion waren.

Bei der Sicherheitskontrolle ein bisschen Aufregung. Ich gebe zu, der Kapodaster meiner Ukulele ist aus Eisen und sieht halt aus wie eine winzige Maschinenpistole und auf dem Röntgenbild, das man nach der Personenkontrolle einsehen kann, fehlt halt jeglicher Größenvergleich. Die Frau, die das Bild ansieht, holt eine Kollegin herbei und zeigt auf den Kapo. Ich lächle, hole das Ding aus der Tasche und erkläre, dass man das braucht um Gitarre zu spielen. Das verstehen die beiden Frauen und ich darf weiter.


Leicht überpünktlich geht es dann noch viel höher als der Tafelberg ist (max. 1085 Meter am Maclear’s Beacon, die obere Seilbahnstation ist auf 1067 Metern, die untere auf 363), nämlich mit TK45 nach Istanbul. Ab Reihe 30 ist das Bordentertainment rechts des rechten Gangs ausgefallen. Die Sicherheitsanweisung wird deshalb vorgeturnt. Nach rund einer Stunde Flug wird das System neugegestartet – für alle Passagiere im Flugzeug, was eine Viertelstunde dauert. Zu meiner Überraschung funktioniert es danach sogar.

Der Sitzabstand, der beim Hinflug mit dem 333 etwa so groß war wie in einem durchschnittlichen Kurzstrecken-Billigflieger, ist jetzt im 359 viel größer.


Ach ja. Reisebewertung... Die Reise war von langen Fahrten geprägt, das Besichtigungsprogramm war ausbaubar. Unterwegs hätte man mehr machen können als z.B. das Reptilienzentrum oder Mama Annanas. Der eSwatini-Teil ist ausgefallen, das Programm dort hätte aber nur aus einem Rundgang bestanden, der nicht genauer beschrieben ist. Das Programm damals bei Königreiche und Tierabenteuer in eSwatini war ziemlich gut, hätte aber zwei Übernachtungen benötigt. Im Prinzip hätte man sich Durban und Hluhluwe schenken können, da sie keinen nennenswerten Beitrag zum Ergebniswert der Reise beitrugen. Seit einigen Tagen gibt es Flüge mit EW Discover (Ocean) von Frankfurt nach Mpumalanga und man hätte die Reise zu Zukunft an sich auch dort starten können und die Soweto-Tour am Tag des Zwischenflugs machen.

Blöd ist auch die Zeitzone. Im Westen Südafrikas ist Sonnenaufgang um 4, aber die Hotel bieten oft erst um 8 Frühstück an, sodass man teils erst um 9 Uhr abfährt. Dadurch gehen 5 Stunden lichten Tags drauf und in nicht mal 10 Stunden ist es schon wieder dunkel – und das bei sehr viel Zeit im Bus. Das könnte man irgendwie effizierter regeln seitens MPR.

Keine Ahnung. Ich nehme mal als Reisebewertung 6/10 und Gruppenbonus 2/3.


Als nächste Reise mit Young Line habe ich Peru am 5.5. gebucht. Ob’s klappt? Hängt wohl vor allem von der politischen Lage vor Ort ab.

Es gab wohl neben der „Königreiche und Tierabenteuer“ mal eine zweite Zeltreise von Windhuk nach Vicfalls, erzählte mir eine Mitreisende. Die wird leider nicht mehr angeboten, was ich schade finde, da Zeltreisen eine eigene Gruppendynamik haben. Eine zweite Reise, die ich gerne gemacht hätte und die jetzt nicht mehr angeboten wird, ist die Singapur-Malaysia-Thailand-Kombination gibt es nicht mehr. Ich bin ziemlich enttäuscht. Die besagten „Königreiche und Tierabenteuer“ und die Australien-Reise gibt es ebenfalls nicht mehr, aber die habe ich gemacht und würde letztere vielleicht sogar nochmal machen.


Es gibt bis dahin noch einige weitere Reisen, die aber einige Monate Sperre haben werden. Gründe.


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Südafrika III Tag 22: Kapstadt, Bo-Kaap, Robben Island, Signal Hill, Kapstadt – Um die Nacht gebracht

Und wer ist dafür verantwortlich?

geschrieben von Janni Sonnabend, Silvester 2022 um 17:24 Uhr

Dieser Blogpost behandelt den 10. Dezember 2022. Als einer dieser typischen Museums-Blogposts hatte ich total keine Lust, ihn zu erstellen, obwohl ich den Großteil des Texts bereits während des Besuchs auf meinem Handy mit-/vorgeschrieben habe... Die 6 hierauf folgenden Posts (davon werden allerdings vier einige Monate unsichtbar sein) waren bei Veröffentlichung dieses Blogs bereits fertig.


Kurz nach 6. Drüben im anderen Zimmer wird sich immer noch oder schon wieder lautstark angeschrien. Diesmal ist aber auch noch laut Musik an.

Ich überlege, was ich dagegen tun kann. Ich könnte meine nicht mehr benötigte Bankkarte (ich vermute, die ist eh gesperrt, weil ich vorgestern zweimal damit versucht habe zu bezahlen, und die PIN meiner Kreditkarte eingegeben habe, mit der ich eigentlich zahlen wollte) in das Slot des Kartenlesers stecken und dann abbrechen, dass man nicht mehr rein kommt. Nachteil: Auf der Kaerte steht mein Name. Ich könnte auch einfach früh ins Bett gehen, Ohrstöpsel rein und dann um 3 Uhr nachts spontan Ukulele üben. Ich hätte da auch eine Idee für ein Lied...

Ich beschwere mich bei der Rezeption. Dort meint man, die seien Teilnehmer einer Konferenz. Vielleicht sollte man denen sagen, dass es hier einen Konferenzsaal gibt und sie ihre Diskussion nicht auf dem Zimmer führen müssen. bekomme ein anderes Zimmer in Aussicht gestellt. Aussicht ist ein gutes Thema, dazu später mehr.

Ich nehme mir vor, heute nach Robben Island zu fahren, wo der Typ einige Jahre einsaß, der sich dafür verantwortlich zeichnet, dass heute auch Menschen mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Begriffen wie „Nachtruhe“ und „Diskussion“ Tür an Tür wohnen können.


Zum Glück muss ich nicht sofort umziehen und kann deshalb mit dem ersten Hop-On-Hop-Off-Bus zur Talstation der Tafelberg-Seilbahn fahren, die gleich öffnen soll. Abver sie bleibt aus Gründen der Witterung zu.

Um wieder in die Stadt zu kommen, fahre ich also mit dem Bus noch etwas weiter. Das Wetter an sich ist gar nicht schlecht.

In Sea Point (Kapstadt) ragt ein Baum meterweit über einen Parkplatz
Wichtigste Vokabel für Makler auf der Kap-Halbinsel: „windfrei“. Diese Ecke hier in Sea Point ist offiziell windfrei. Aber warum ragen alle Bäume, die auf dem Weg der Promenade stehen, so weit auf den Parkplatz, dass sie jeweils mehrere Autos unter sich begraben? Interessanterweise ragen die Nadelbäume auf der anderen Straßenseite in die andere Richtung, was darauf zurückgeführt wird, dass der Wind von den Häusern zurückgeworfen wird.

Bo-Kaap

Daher mache ich, wie bereits angekündigt, noch einmal Bo-Kaap am Morgen. Um 10 startet ein kostenloser Rundgang („Walking Cape Town“, Spenden erbeten) an der Haupthaltestelle der Hop-On-Hop-Off-Busse. Obwohl Bo-Kaap zumindest tagsüber recht sicher sein soll, lautet auch hier die Devise „safety by numbers“ – Sicherheit durch die Gruppe.

Erster Halt ist die Auwal-Moschee („Erste Moschee“), gegründet vom tidorischen (Indonesien) Prinzen Abdullah Kadi Abdus Salaam, der 1780 von den Holländern nach Robben Island gebracht wurde, da er sich mit den Briten gegen die Holländer verschworen hatte. Da keine muslimischen Bücher importiert werden konnten, schrieb er auf Robben Island bis zu seiner Entlassung 1793 den Koran mehrfach aus dem Kopf ab. Die Koran-Kopien waren nahezu fehlerfrei. Erinnert mich ein bisschen an die Übersetzung der Siebzig (eigentlich waren es 72), bei der einer Legende nach 72 jüdische Gelehrte jeweils eine eigene griechische Übersetzung des Alten Testaments erstellt haben sollen und anschließend feststellten, dass diese alle identisch waren, da sie die Übersetzung von Gott erhalten haben.

Er arbeitete nach seiner Gefangenschaft als Koranlehrer, das ihm den Namen Tuan Guru („Herr Lehrer“) einbrachte. In dem Gebäude der Koranschule, das ihm von einem freigelassenen Sklaven zur Verfügung gestellt wurde, gründete er 1794 die erste Moschee Südafrikas, deren erster Imam er wurde.

Auwal-Moschee in Bo-Kaap in Kapstadt
Auwal-Moschee in Bo-Kaap in Kapstadt

Es geht weiter durch die Straßen.

Blaues Haus in Bo-Kaap in Kapstadt
Blaues Haus in Bo-Kaap in Kapstadt
Blick über Bo-Kaap hinweg zum Tafelberg von Kapstadt
Blick über Bo-Kaap hinweg zum Tafelberg von Kapstadt

Ganz links am Bildrand sind zwei von drei Hochhäusern zu sehen. Eigentlich darf am Tafelberg gar nicht so hoch gebaut werden, aber ein Investor fand eine Gesetzeslücke. Die Häuser gelten als Bausünde und werden allgemein gehasst – außer natürlich von denen, die da wohnen – und tragen daher die Namen Salz-, Pfeffer und Senfstreuer.

Giftgrün-lila Haus in Bo-Kaap in Kapstadt
Giftgrün-lila Haus in Bo-Kaap in Kapstadt

Kurz vor Ende der Tour haben wir uns an einer Straßenkreuzung Zeit, um uns etwas typisch Kapmalaisches zu Essen zu kaufen. Ich kaufe Bolas und Koesisters. Das sind Gebäcksorten und ich finde die recht gut.

Als die Tour gerade ihr Ende nimmt und wir dem Guide etwas Trinkgeld geben, kommt ein Mädchen und bettelt. Sie habe nichts zu essen. „Du weißt, dass das falsch ist“, sagt der Guide zu ihr.

Robben Island

Ein Uber bringt mich von dieser zu anderen Haupthaltestelle der Hop-On-Hop-Off-Busse. Ich frage bei der Hafenrundfahrt, ob ich es danach (ca. 12:30 Uhr) zum Robben-Island-Museum schaffe. Wohl nicht, meint die Frau. Sie wisse aber auch nicht, wo das denn sei. Okay...

Ich gehe dann lieber sofort mal dorthin. War wohl die richtige Entscheidung, denn auf dem Weg liegt eine Drehbrücke. Wann die sich öffnet, weiß man nicht, und daher fehlt dieser direkte Weg wohl auf Google Maps. Als ich ankomme, wird die Brücke gerade für den Schiffsverkehr geöffnet. Leute müssen davor warten (die einzige Brücke weltweit, die währenddessen betreten werden darf, steht in Hull City in England).

Im Museum angekommen muss ich erstmal durch die Sicherheitskontrolle, bevor ich zum Schalter gehen kann um meine Eintrittskarte zu kaufen – neben dem eine Tür nach draußen offen steht. Sehr sinnvoll diese Sicherheitskontrolle. Sehr sinnvoll ist auch, dass man eine E-Mail-Adresse braucht, um eine Karte zu kaufen. Und eine Telefonnummer. Und einen Ausweis. Für letzteres reicht – auch wenn er hier gar nicht gültig ist – der deutsche Führerschein, falls ihr euren Pass auch nicht mit euch herumschleppen wollt. Der Kartenverkauf dauert entsprechend lange – da Leute ihre E-Mail-Adresse diktieren müssen. Man brauche die, um bei Absage den Leuten die Rückzahlung zukommen zu lassen, erklärt man mir. Kann ja sein, dass die Tour in wenigen Minuten dann doch noch spontan abgesagt wird.

Gut, dass ich jetzt hier bin, denn Bording kann bereits eine halbe Stunde vorher sein. Da das Boarding offensichtlich noch nicht begonnen hat – es ist noch eine Viertelstunde hin –, gehe ich noch in die Ausstellung, da ich immer noch keine Ahnung habe, was dieses Robben-Island-Museum eigentlich für ein Museum ist. Die Ausstellung liefert eine Erklärung:

Das Robben-Island-Museum ist ganz offensichtlich ein Museum für Glitch Art
Das Robben-Island-Museum ist ganz offensichtlich ein Museum für Glitch Art

So langsam sammeln sich die Leute beim Boarding. Ich stelle mich dann auch mal an. Als eine dreiviertelstunde Später auch die offizielle Startzeit überschritten ist, kommt die Durchsage, dass sich das Boarding um eine halbe Stunde verschiebt. Unter den anderen Leuten macht sich lautstark Enttäuschung breit. Außer mir sind fast nur Schwarze dabei, der Anteil der Weißen unter den Besuchern von Robben Island beträgt geschätzt 5%.

Während man wartet, kann man sich die Zeitleiste ansehen, die sich an der Wand des Warteraums befindet. Danach wurde 1978 Tokyo Sexwale ... okay, ich kann nicht mehr. Lassen wir das. Der Rest des Warteraums ist auch nicht besser. Beispielsweise hängen da große Bildschirme, die zeigen, wie umweltfreundlich das Museum ist, da dessen Solaranlage bereits „Fatal error Uncaught GuzzleHttp\Exception\ConnectException: cURL error 7: Failed to connect to 192.168.7.99 port 8086: Connection refused (see http://curl.haxx.se/libcurl-errors.html) in kWh“ geliefert hat. Die Energie wird somit eingesetzt, um einen Fernseher zu betreiben, der lediglich drei Fehlermeldungen (jeweils für verschiedene Zeiträume) zeigt. Das nenne ich Umweltschutz!

Mit über einer Stunde Verspätung startet das Boarding. Das ist besonders ärgerlich, weil das Wetter schlechter wird. Das für den Aufenthalt vorgesagte Gewitter fällt aber aus. Dennoch wird die folgende, vierte und letzte Tour des Tages abgesagt. Ich sitze an Deck. Es ist beim Ablegen recht stürmisch, wird aber schon bald deutlich besser. Die Fahrt vom Museum zur Insel dauert gut eine halbe Stunde.

Es heißt zwar Robben Island, bewohnt wird die Insel aber vorwiegend von Kapscharben.
Es heißt zwar Robben Island, bewohnt wird die Insel aber vorwiegend von Kapscharben.

Dann geht es für die rund 300 Gäste von Bord und ab in Busse – normal breit aber mit 5 Sitzen pro Reihe. Soll wohl an den Komfort von damals erinnern. Jeder Bus bekommt eine Führung durch einen ehemaligen Gefangenen. Unser heißt Vusi Kube. 1980 hierher gebracht mit 18 Jahren, 1983 zu 18 Jahren Haft verurteilt für Terrorismus, Waffenbesitz und illegales Verlassen des Landes.

Ein Foto auf einem Schild zeigt Gefangene auf einem Boot, die zurück aufs Festland entlassen wurden
Ein Foto auf einem Schild zeigt Gefangene auf einem Boot, die zurück aufs Festland entlassen wurden. Typografie-Tipp: Die historische Bedeutung dieser Situation wird hier vorbildlich durch ausschließliche Verwendung der Schriftart Comic Sans MS unterstrichen.

Die Gefangenen erzählen dann von ihren Erlebnissen. Auf Robben Island waren zwar nur Nicht-Weiße inhaftiert (mit Ausnahme eines Mannes, der einen Politiker umgebracht hatte und 6 Monate hier in Sektion C war, bis er in die Irrenanstalt gebracht wurde), die Wächter konnten aber trotzdem deren Sprache. Beim Sport am Freitag und Sonnabend durften zudem nicht mehr als zwei Leute nah beeinander sitzen. Keine Ahnung, warum er das erzählt. Ist das Besonders? War doch 2020 und 2021 in Deutschland auch so...

Vusi Kube mit einem Robben-Island-Gefangenenausweis (nicht seinem eigenen), den die Gefangenen eigentlich immer dabei haben mussten. An der Wand die Tagesrationen und ein zensierter Brief.
Vusi Kube mit einem Robben-Island-Gefangenenausweis (nicht seinem eigenen), den die Gefangenen eigentlich immer dabei haben mussten. An der Wand die Tagesrationen und ein zensierter Brief.

Unser Gefangener erzählt vom Leben in den Baracken. Mit den Ausweisen wurde vonseiten der Gefangenen oft auch den Wächtern auf der Nase rumgetanzt. Das haben sich die Betreiber des Gefängnisses aber meiner Meinung nach auch selbst zuzuschreiben, denn sie hätten die Daten ja auch einfach in der Cloud speichern können. Ich weiß allerdings gerade nicht, welche Daten gemäß DSGVO zu politischen Gefangenen gespeichert werden können.

Baracke auf Robben Island
Baracke auf Robben Island

Im Winter war es dort kalt und nass. Sie wollten sich darüber beschweren bei Regierung oder Anwalt, aber Briefe wurden abgefangen. Es kam zu einem Hungerstreik, der jedoch auch zu keinem Ergebnis führte.

Ein Gefängnishof auf Robben Island. Das dritte Fenster von links gehört zur Zelle von Nelson Mandela.
Ein Gefängnishof auf Robben Island. Das dritte Fenster von links gehört zur Zelle von Nelson Mandela.
Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island
Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island

Dann geht es wieder zurück zum Bus. Der Guide im Bus fragt, wie es war, schließlich war unsere Tour die kürzeste. Ein Afrikaner sagt, dass die Informationen „minimal“ waren. Ich finde, er hat recht. Ich habe auch meist nicht verstanden, worauf er hinaus wollte.

Denn geht es weiter über die Insel, auf der heute 211 Leute leben, weil sie hier arbeiten. Der einzige Wächter von damals, der heute hier arbeitet, ist vermutlich der von Mandela. Christo Brandt. Er macht private Touren und mit Schulen. Andere Wächter wurden für ein Interview befragt vor einem Jahr, aber das Interview ist noch nicht veröffentlicht.

Die Insel war übrigens nicht nur eine Gefangeneninsel sondern auch eine Lepra-Kolonie.

Lepra-Friedhof auf Robben Island
Lepra-Friedhof auf Robben Island

Ein besonderer Gefangener war Robert Mangaliso Sobukwe. Er wurde zwar nur zu 3 Jahre verurteilt, dann aber durch ein nach ihm benanntes Gesetz noch unbestimmt lange in ein eigenes Haus hierher gebracht. Er wurde nach 6 Jahren wegen Krebs aufs Festland gebracht. Das Haus wurde danach nicht mehr genutzt. Er hatte mehr Privilegien als andere, so konnte er zum Beispiel ein Fernstudium in Wirtschaftswissenschaft erfolgreich abschließen, hatte aber keinen Kontakt mit anderen Gefangenen. Rechts neben seinem Haus befinden sich heute Hundehütten, die nach Protesten in Soweto errichtet wurden.

Robert Sobukwes Haus auf Robben Island
Robert Sobukwes Haus auf Robben Island
Lepra-Kirche auf Robben Island, einziger Privatbesitz auf der Insel, denn sie gehört der anglikanischen Kirche
Lepra-Kirche auf Robben Island, einziger Privatbesitz auf der Insel, denn sie gehört der anglikanischen Kirche

In der Siedlung gibt es noch eine Kirche. Am Valentinstag kann man sie besuchen und dann kann man da auch heiraten, wenn man sich bis Ende Januar bewirbt. Es passen etwa 100 Leute rein.

Kirche der Siedlung auf Robben Island
Kirche der Siedlung auf Robben Island

Die Kirche war gegen Apartheid. Mitarbeiter der Kirche halfen den Gefangenen, da sie von den Wächtern respektiert und nicht kontrolliert wurden.

Seit 2017 gibt es hier neben Generatoren auch Solarstrom. Die Insel ist unabhängig vom Stromnetz – und damit einer der sehr wenigen Orte in Südafrika, die immer Strom haben. Sie sind da sehr stolz drauf hier, betont man. Sprit und Lebensmittel werden vollständig angeliefert, wöchentlich per Boot.

Ehemalige Schule für Kinder der Leute, die auf Robben Island arbeiten
Schule für Kinder der Leute, die auf Robben Island arbeiten. Sie wurde 2011 geschlossen und war früher ein Krankenhaus. Man kann eventuell nächstes Jahr darin übernachten.

Wir machen Pause am Südzipfel der Insel. Man kann in einem Kiosk etwas kaufen, aber keinen Kaffee, weil es hier kein Wasser gibt.

In der Nähe sind Brillenpinguine. Robben Island ist die viertgrößte Brillenpinguin-Kolonie. Außerdem wurden Springbock, Buntbock, Steinbock und der europäische Rothirsch eingeführt zum Jagen

Während der Apartheid hat niemand versucht, zu fliehen. Es wären auch 7 Kilometer auf der kürzesten Strecke nach Milnerton und 11 zur Waterfront gewesen, wo wir vorhin losgefahren sind. Es gab aber auch kein Selbstmord. Und das, obwohl 41 Gefangene im Kalksteinbruch 9 Stunden pro Tag arbeiten mussten.

Kalksteinbruch auf Robben Island, hinten links der Tafelberg von Kapstadt
Kalksteinbruch auf Robben Island, hinten links der Tafelberg von Kapstadt

Auffällig auf dem Bild ist die Höhle. Sie wurde für das Mittagessen genutzt. Gepinkelt wurde in einen Eimer.

Sunset Bus

Nach meiner stark verspäteten Rückkehr von Robben Island – am Anleger liegt jetzt ein Seebär, der großes Interesse bei der Rückkehrern weckt – komme ich rechtzeitig zum Sunset-Bus, der von der Waterfront ohne Halt zum Signalhügel hoch fährt. Er fährt aber gegen den Uhrzeigersinn einmal um Signalhügel und Löwenkopf herum und dann erst hoch. Oben ist es extrem windig.

Blick am Abend vom Signalhügel auf die Bucht von Kapstadt, links Robben Island
Blick am Abend vom Signalhügel auf die Bucht von Kapstadt, links Robben Island

Eigentlich wollte ich bis zur Blauen Stunde bleiben, aber kurz vor Rückfahrt des Busses fängt es auch noch an zu regnen. Also doch in den Bus. Vielleicht kann man ja ein paar Fotos aus dem Bus machen. Kann man schon, außer man erwartet, dass das Bild scharf, gerade und frei von Spiegelungen und Bäumen ist.

Kapstadt City Bowl nach Sonnenuntergang
Kapstadt City Bowl nach Sonnenuntergang

Der Sunset-Bus macht im Dezember eine zusätzliche Runde in Adderley St. Die ist festlich dekoriert, ähnlich wie man das aus deutschen Städten kennt, nur ein bisschen kitschiger. Ich steige aus.

Weihnachtsdeko in der Adderley St in Kapstadt
Weihnachtsdeko in der Adderley St in Kapstadt

Nachdem ich Fotos gemacht habe, packe ich meinen Fotokram in meinen Rucksack und gehe einige hundert Meter zu meinem Hotel. Es ist allerdings auch eine recht hohe Polizeipräsenz unterwegs.


Vom neuen Zimmer habe ich einen fantastischen Ausblick auf den Tafelberg und die Strand St, an der das Hotel liegt. Die Straße heißt so, weil hier vor der Landgewinnung zur Errichtung eines tieferen Hafens um 1940 tatsächlich der Strand war (Strand heißt auch auf Englisch Strand). Jetzt liegt die Straße ein, zwei Kilometer landeinwärts.

Die Blaue Stunde ist schon vorbei. Eine abendliche Blaue Stunde werde ich nicht mehr haben, aber morgens gibt es ja auch eine.

Ich rufe noch bei der Rezeption an, dass ich meinen vorherigen Raum aufgegeben habe, und teile ihnen mit, dass da auch so zwei Dinge nicht in Ordnung waren: Die Fernbedienung macht komische Dinge (z.B. geht der Fernseher aus, wenn man die Lautstärke reduzieren wollte) und einige Tasten funktionierten anscheinend überhaupt nicht, und die Klospülung hörte meistens nicht auf, bis man sie erneut benutzt hat.


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Südafrika III Tag 21: Kapstadt, Kirstenbosch National Botanical Garden, Kapstadt – Nebulös

Bis auf Pflanzen ist heute vieles nebulös.

geschrieben von Janni Montag, 2. Weihnachtstag 2022 um 23:05 Uhr

Über die letzten Tage habe ich mir viele Gedanken gemacht. Eigentlich wollte ich übermorgen mit der Wine Tram fahren und danach zum Aquila Game Reserve zur Safari. Das kommt aber nicht zustande, da außer mir keiner angemeldet ist. Schade. Letzten Sonnabend hat es geklappt, meinte unser Guide gestern – denn er hat die Tour gemacht. Alternativ wollte ich nach Kap Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas, aber da soll morgen ganz schlechtes Wetter sein.

Also kaufe ich mir ein 3-Tages-Ticket für den Hop-On-Hop-Off-Bus. In den knapp 25 Euro sind noch zwei halbstündige Bootstouren und eine Fahrt mit dem Sonnenuntergangs-Bus zum Signalhügel enthalten.

Mein erster Halt ist in Kirstenbosch beim Nationalen Botanischen Garten von Südafrika. Ich bin verwirrt: Es gibt keine Tickets, der Kartenzahlbeleg ist das Ticket. Eine Karte (englisch, deutsch, Afrikaans, französisch) muss man für 10 ZAR extra kaufen.

Es ist kurz nach 10, die erste geführte Tour des Tages war um 10, die nächste ist dann um 11 (und um 14 ist noch eine). Dann kann ich mich jetzt 50 Minuten umschauen.

Der 1913 gegründete botanische Garten war mal eine Farm, bevor diese von Cecil Rhodes gekauft und dann zum botanischen Garten umgebaut wurde. Der Standort ist besonders, denn hier regnet es so viel wie sonst nirgendwo auf der Kaphalbinsel – so viel wie in London. Da kann ich ja froh sein, dass es heute trocken ist!

Kampferallee im Kirstenbosch National Botanical Garden
Kampferallee im Kirstenbosch National Botanical Garden
Agapanthus, hier „Christmas Flower“ genannt, ist derzeit die häufigste blühende Pflanze im Botanischen Garten Kirstenbosch. Es gibt sie hier in blau und weiß.
Agapanthus, hier „Christmas Flower“ genannt, ist derzeit die häufigste blühende Pflanze im Botanischen Garten Kirstenbosch. Es gibt sie hier in blau und weiß.

Anschließend laufe ich noch in den südlichen Teil, der frei zugänglich und bei Hundebesitzern beliebt ist, aber außer einer Silberbaum-Allee („wächst nur da, wo er den Tafelberg sehen kann“ sagt man hier über ihn) nicht wirklich etwas Interessantes zu bieten hat. Von dort kommt man ohne Ticketkontrolle wieder in den botanischen Garten. Jetzt aber ab zur Tour. Sie wird von einer pensionierten Freiwilligen, Lynne, geleitet.

Steingarten: In der Mitte Wolfsmilch (die „Kakteen“, giftig und von den Ureinwohnern für Giftpfeile verwendet) und rechts Aloe ferox)
Steingarten: In der Mitte Wolfsmilch (die „Kakteen“, giftig und von den Ureinwohnern für Giftpfeile verwendet) und rechts Aloe ferox)

Vom Steingarten gehen wir durch einen kleinen Wald. Dieser ist heute wohl einer der kältesten Orte in Kapstadt. Die Führerin erzählt, woher die Pflanzen kommen. Da Geld schon immer knapp waren, wurden den Einwohner Südafrikas gebeten, Pflanzen zu spenden, wenn sie welche im Vorgarten haben, sie sie schön finden und die sie gerne im Nationalen Botanischen Garten sehen würden.

Geld war aber immerhin da, um zum 100. Jubiläum des Gartens einen Baumwipfelpfad einzurichten.

Baumwipfelpfad im Botanischen Garten Kirstenbosch, links der Devil’s Peak
Baumwipfelpfad im Botanischen Garten Kirstenbosch, links der Devil’s Peak

Der Devil’s Peak ist in Wolken gehüllt. Der Volksmund erklärt das so: Es war einmal ein Pirat mit dem Namen van Hunks. Der wurde von einem Unbekannten zum Wettbewerb herausgefordert, wer mehr raucht. Van Hunks gewann. Dadurch musste der Unbekannte seinen Namen nennen – es war der Teufel. Aber van Hunks hatte so viel geraucht, dass der Berg noch heute oft von Wolken umhüllt ist.

Kapfrankolin
Kapfrankolin
Afrikanische Striemen-Grasmaus klettert in einer Protea
Afrikanische Striemen-Grasmaus klettert in einer Protea
Schwefelgirlitz frisst einen Protea-Samen
Schwefelgirlitz frisst einen Protea-Samen

Der Weg führt auch zu den Brotpalmfarnen, hier Cycads genannt. Ich verstehe immer nur ‚Psycats‘ („Psychokatzen“). Hier steht eine der letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn). In freier Wildbahn ist die Pflanze ausgestorben. In einigen botanischen Gärten stehen noch welche – alles Männchen. Sie produzieren Ableger. Diese hier hat 9 produziert – auch alles Männchen.

Eine der weltweit letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn)
Eine der weltweit letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn)

Unsere Tour geht noch an einem kleinen Bachlauf, der im Schatten den Garten durchquert, vorbei und dann zum Kapkastanien, der gerade schön blüht.

Kapkastanie blüht
Kapkastanie blüht

Nach Ende der Tour besuche ich noch das Restaurant Moyo im botanischen Garten. Endlich habe ich mal die Möglichkeit, ein Bobotie zu bestellen, das ist Hack mit Rührei überbacken. Dann geht es noch durch den Duftpflanzengarten, der mir sehr gut gefällt, und den Nutzpflanzengarten, bevor ich den Garten verlasse, um mit der Blauen Route (die trotzdem durch rote Busse bedient wird) zurück zum Stadtzentrum zu fahren – einmal komplett außen herum, da die Busse nur im Uhrzeigersinn fahren.

Inoffizielle Blechhüttensiedlung Imizamo Yethu bei Kapstadt
Inoffizielle Blechhütten in Imizamo Yethu. 30.000 Leute sollen hier wohnen. „Wer hier lebt, kämpft mit [...] Stromausfällen“, weiß der Audiokommentar. Also dasselbe wie auch überall sonst im Land.

Durch Busverspätungen bin ich eine ganze Ecke später an der zentralen Haltestelle (Long St), wo der letzte Stadtrundgang des Hop-On-Hop-Off-Unternehemens (das organisiert diese für jeden kostenlosen Stadtrundgänge) laut Prospekt um 15 Uhr gestartet sein soll. Es ist jetzt zwanzig vor 15. Der Prospekt nennt Zwischenhalte des Stadtrundgangs mit Zeiten, aber am District-Six-Museum, wo die Tour um fünf vor 16 sein sollte, finde ich niemanden. Ich gehe dann zurück zur zentralen Bushaltestelle. Dort steht auf einem Schild, dass der Stadtrundgang nur um 10, 12 und 14 stattfindet. Dann kann ich den 15-Uhr-Stadtrundgang ja lange suchen. Während der allgemeine Stadtrundgang nur halb so oft stattfindet wie im Prospekt angegeben (volle Stunden 10 bis 15), findet der Bo-Kaap-Rundgang häufiger und zu anderen Zeiten statt (10 und 14 Uhr, laut Auskunft teilweise auch 12 Uhr), als im Internet steht (12 Uhr).

Ich fahre mit der Roten Linie zum Tafelberg. Der ist aber wolkenverhangen. Die Website spricht von „Zero Visibility“. Klingt wie ein zuckerfreies Erfrischungsgetränk, bedeutet aber Sichtweite 0. Na toll, da hätte ich auch noch länger im Botanischen Garten bleiben können. Heute Abend wäre dort sogar Kino gewesen und den Film fand ich interessant. Wobei ich im Nachhinein vermute, dass der Eintritt fürs Kino unabhängig vom Garten ist.

Kapstadt City Bowl liegt unter tief hängenden Wolken
Kapstadt City Bowl liegt unter tief hängenden Wolken

Also fahre ich noch ein bisschen mit dem Bus bis zur zentralen Haltestelle, die nahe bei meinem Hotel liegt. Ab und zu kommt die Sonne zwar raus, aber es zieht sich immer weiter zu. Okay, dann die beiden Bootstickets und das Sonnenuntergangsticket lieber morgen nutzen. Übrigens: Die Bootstickets des Drei-Tage-Tickets sind vier Tage gültig (aber halt jeweils nur einmal, bzw. die Kanalrundfahrt ist an einem Tag beliebig oft möglich, da sie ein Transportmittel ist, für die das Ticket ein Tagesticket darstellt).


So gegen 18 Uhr bin ich wieder im Hotel. Im Zimmer nebenan streiten sich Leute laut und heftig. Das war gestern auch schon so, aber nur für eine Stunde. Als die sich um 23 immer noch anschreien, rufe ich bei der Rezeption an. Funktioniert nicht, ich bleibe in einer Warteschleife längen. Also gehe ich dorthin.

Ein Angestellter des Hotels kommt mit mir. Als wir gerade ankommen, kommt ein Mann aus dem Zimmer, in dem sich noch mindestens zwei Frauen befinden. Die Hautfarbe des Personen möchte (und muss) ich hier nicht erwähnen. „Wir waren uns uneinig“, sagt der Mann. Der Hotelmitarbeiter bittet um Ruhe.

Es wird nur wenige Minuten besser. Da jetzt zusätzlich noch die Tür so blockiert wurde, dass sie nicht zugeht, ist das Gekeife im ganzen Flur zu hören. Den Geräuschen zufolge herrscht rege Migration zwischen den umliegenden Zimmern. Ich gehe wieder zur Rezeption. Diesmal kann der Angestellte das Problem nicht direkt beobachten, er ermahnt die Leute aber nochmal.

Es wird nicht besser. Ich gebe es auf, stecke meine Ohrstöpsel rein und versuche zu schlafen. Es ist jetzt zwanzig nach 0.


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Südafrika III Tag 20: Oudtshoorn, Botlierskop Game Reserve, Oude Post Bistro, Kapstadt: Deine Schleifspuren im Sand

Aber trotzdem kein Gepard

geschrieben von Janni Montag, 2. Weihnachtstag 2022 um 00:08 Uhr

Heute haben wir unsere zweite Safari im Rahmen dieses zweitägigen Ausflugs. Sie findet in Botlierskop statt, das vor 27 Jahren gegründet wurde. Vorläufer war eine Zucht für schwarze Impalas, die man für 1 Million Rand verkaufen konnte.

Die 3 Stunden der Safari können zwischen einer Safari mit dem Auto und zu Fuß aufgeteit werden (was nirgendwo steht). Wir machen 3 Stunden Autosafari, wie sich am Ende herausstellt. Das Wetter ist größtenteils bedeckt, sodass die Farben vielleicht nicht ganz so kräftig sind. Zu sehen gibt es:

Erdmännchen im Botlierskop Game Reserve
Erdmännchen sehe ich heute das erste Mal in freier Wildbahn
Eland (Elenantilope) im Botlierskop Game Reserve
Eland (Elenantilope) – übernimmt hier am Kap die ökologische Nische, die sonst die Impalas ausfüllen

Wir fahren durch eine Herde Kaffernbüffel. Anders als so manches andere Tier (dazu gleich noch), verstehen die Büffel, nicht auf dem Weg zu liegen sondern auf beiden Seiten daneben. Dem gefährlichsten Landtier Afrikas sind wir so sehr nah.

Kaffernbüffel im Botlierskop Game Reserve kaut
Kaffernbüffel kaut
Gebäude im Botlierskop Game Reserve
Botlierskop ist etwa 5.000 Hektar groß – das Bild zeigt nur einen kleinen Teil davon, aber den Großteil der dortigen Gebäude

Wir bekommen von der Feuerwache die Information, dass ein Gepard gesichtet wurde, den sie Hobbes nennen. Er hat ein Impala erlegt. Dort angekommen finden wir zwar Blut und eine Schleifspur im Sand, aber keinen Geparden und kein Impala. Schade.

Buntbock im Botlierskop Game Reserve
Buntbock
Alpha-Elefant des Botlierskop Game Reserve
Dieser Elefant ist das Alphamännchen der Elefantenherde des Parks. Er mag sehr gerne Blumenzwiebeln.
Gnus mit frisch geborenem Kalb im Botlierskop Game Reserve
Gnus mit frisch geborenem Kalb (unter einem Tag alt) – die Nabelschnur hängt noch dran

Wir erfahren, dass es in der Nähe auf einem Berg Löwen gibt. Anhand der Tatsache, dass das Fahrzeug, von dem die Info kam, den Berg im Rückwärtsgang runterfährt, wird uns klar: Die Löwen liegen mitten auf der Straße.

Löwen im Botlierskop Game Reserve
Davon lässt man sich doch gerne die Straße blockieren: Löwen
Löwen im Botlierskop Game Reserve
„The Lion Sleeps Tonight“? Nein, diese drei hier dösen am Tag.
Unter Wasserpflanzen verstecktes Nilpferd im Botlierskop Game Reserve
Nilpferd – getarnt in geheimer Mission?
Clique der jungen (2 bis 5 Jahre alten) Nashörner im Botlierskop Game Reserve
Clique der jungen (2 bis 5 Jahre alten) Nashörner
Schakalbussard im Botlierskop Game Reserve
Schakalbussard – frisst keine Schakale, aber klingt so
Wasserbock im Botlierskop Game Reserve
Streckt uns die Zunge raus: Wasserbock
„Goldenes Gnu“ (eine seltene Farbvariante des Streifengnus) im Botlierskop Game Reserve
„Goldenes Gnu“, eine seltene Farbvariante des Streifengnus (Blauen Gnus)

Früher waren Goldene Gnus mal eine Million Dollar wert, jetzt ist man für 20.000 mit dabei. Das Französische unterscheidet die Gnus anhand ihrer Schwanzfarbe, die von weitem besser zu erkennen ist als andere Unterscheidungsmerkmale. Das Streifengnu hat in seiner Standardfarbe einen schwarzen Schwanz, das Weißschwanzgnu heißt auch im Deutschen so.


Nach der Safari gibt es das heute Morgen vorbestellte Essen – diesmal sind die Getränke auch früher da als das Essen – und dann geht es ohne große Umwege zurück nach Kapstadt. Wir halten aber zwischendurch am Oude Post Bistro. Wie nicht wenige andere Raststätten in Südafrika hat diese etwas zu bieten. Was ich anhand des Symbols auf dem Wegweiser noch für Antilopen halte, stellt sich als Ziegen heraus. Außerdem gibt es Pantherschildkröten.

Pantherschildkröten vom Oude Post Bistro bei der Paarung
Pantherschildkröten vom Oude Post Bistro
Ziegen vom Oude Post Bistro
„Wenn mich Mama nicht säugt, steig ich halt auf die Mama und lutsch an ihrem Horn – vielleicht wächst mein rechtes Horn dann schneller!“

Weiter geht’s. Noch kurz das Datenvolumen meiner SIM-Karte gecheckt: Es ist plötzlich 1024 Gigabyte(!) höher als erwartet. Okay, danke für die anonyme Spende...


Die anderen haben mein Zimmer etwas durcheinander hinterlassen. Überall liegen weiße Flusen auf dem Boden. Wer hat in meinem Bettchen geschlafen? Wer hat von meinen Aprikosen gegessen? Und wer hat mein Wasser ausgetrunken? Okay, erstere zwei Sachen durften sie.


I hereby grant Botlierskop Game Reserve the permission to use all pictures taken there, given that they attribute the picture to Janni Kettenburg.


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