Süd-Afrika Tag 3: Midrand, Soweto, Johannesburg-Sandton, Midrand – Biking in Soweto
Biking in Soweto statt Walking in Memphis
Soweto
Heute fahren wir nach Soweto. Soweto steht für South West Townships, südwestliche Vorstädte, und die einzige Vorstadt, die noch so genannt wird. Bei Ausbruch einer Pest 1904 wurden Schwarze aus Johannesburg dorthin umgesiedelt und ihnen versprochen, dass sie zurückkehren dürften, wenn die Pest vorbei ist. Durften sie bis heute nicht und so leben hier offiziell 2,5 Millionen Leute, inoffiziell ein oder zwei Millionen mehr.
Die Fahrt soll so etwa 1:10 Stunde dauern. Entgegen unseren Erwartungen dauert sie das auch, sodass wir 1:15 Stunde zu früh sind.
Wir schauen uns ein bisschen den Garten des Fahrradverleihs Lebo’s an.
Im Garten ist man bereits dabei, unser Mittagessen zuzubereiten. Das geschieht mit der Potjie-Pot-Technik. Es wird relativ lange gekocht und nur einmal umgerührt. Gemüse wie Kohl, das das lange Kochen nicht aushält, wird nach dem Umrühren oben aufgelegt.
So, aber warum essen wir in einem Fahrradverleih? Weil wir vorher zwei Stunden Fahrrad fahren. Wir haben zwei Führer, die uns mit ein bisschen grundschulpädagogischen Aktivitäten und Informationen versorgen.
Die meisten Bauten hier sind Sozialwohnungen, die anteilig am Gehalt bezahlt werden. Da 60% der Leute hier arbeitslos sind (Landesschnitt: 35%), kriegen sie die umsonst. In der Apartheid war es eine Form von Protest, Strom nicht zu bezahlen. Heute gibt es Prepaid-Strom in solchen armen Regionen. An den Bankautomaten, an denen wir mit Kreditkarte Geld abheben, wird uns der Kauf solchen Prepaidguthabens angeboten. Die Leute wurden übrigens nicht über die Risiken des Asbests in ihren Häusern informiert.
Es gibt hier übrigens keine verpflichtende Müllabfuhr, weshalb viele Flächen vermüllt sind. Leute verbrennen ihren Müll selbst auf Freiflächen, deren Gras dann oft in Brand gerät. Deshalb gibt es überall in der Stadt verbrannte Flecken auf Grasflächen.
Wir fahren am Haus der Frauenrechtlerin Lilian Masediba Matabane Ngoyi, der „Mutter von Soweto“, vorbei. Gegenüber steht ein Haus, in dem zwei Fans der rivalisierenden Fußballclups in jeweils einer Hälfte derselben Elefantenrücken-Hütte wohnen. Das Derby der beiden übermorgen läuft dann auch ganz friedlich ab.
Wir fahren zum Hector-Peterson-Museum und -Denkmal. Hector Peterson (existiert in vielen verschiedenen Namen) war ein Schüler, der 1976 gegen ein Gesetz der Apartheidsregierung protestierte, dass in Schulen nur noch auf Afrikaans gelehrt wurde. Als die Protestierenden 12- bis 20-jährigen auf 300 Polizisten stießen, wurden sie aufgefordert, nach Hause oder in die Schule gehen. Sie weigerten sich und die Polizei schickte Polizeihunde auf sie. Als die Schüler einen davon gesteinigt hatten, schossen die Polizisten, wobei Hector starb.
Wir bekommen Fettkuchen und Scheibletten-„Käse“. Fettkuchen kennen wir in Deutschland als Schmalzkuchen, aber hier sind sie etwas kleiner als Brötchen. Man reißt sie noch warm auf und packt den Käse rein. Das ist ein typisches Frühstück in Soweto.
Danach fahren wir zum Nelson-Mandela-Haus:
Danach fahren wir zurück zum Fahrradverleih.
Dann ist es Zeit fürs Mittagessen. Wir bekommen einen Schlag Polenta (schmeckt hier allerdings nach absolut gar nichts). Dazu gibt es Gemüse (in Scheiben geschnittene Maiskolben sind sehr schwer zu essen), Spinat (schmeckt wie Teesatz) und Fleisch. Beim Fleisch stehen Hähnchen, Rind und Rindfleischwürstchen zur Auswahl. Wir dürfen nur eins davon essen, ein bisschen was von jedem zu probieren, ist verboten. Welchen Sinn ergibt das?
Gertränke kann man sich bei der Cashbar (siehe oben) holen. Dort hat man übrigens angeblich kein Cash zum Wechseln, welch Ironie.
Sandton
Wir fahren nach Johannesburg. Der Reiseleiter erzählt etwas über Riten. Groß gefeiert werden hier Volljährigkeit (21), Beerdigungen und Hochzeiten. Da die Einheimischen Angst vor Feuer haben, sind Erdbestattungen üblich. Grabsteine sind einfache Steine. Für die Hochzeit handeln die Einheimischen eine Mitgift für die Familie der Frau aus (Labola). Den Partner sucht man sich selbst. Mitgift sind in Dörfern Rinder, in Städten Geld. Statt Ringen haben die Frauen hier eine andere Möglichkeit, ihren Familienstand anzuzeigen: Ledige Frauen lassen ihre Brüste unbekleidet, während Labola wird eine Brust verkleidet und wer verheiratet ist, verhüllt die Brüste und trägt einen Hut. Bei einer Scheidung handeln die Familien dann vor allem aus, was mit den Kindern passiert.
Im Stadtteil Sandton besuchen wir den Mandela Square, ein Einkaufszentrum. Dort gibt es unter anderem ein Hard Rock Cafe und einen Eisladen von Häagen-Dazs. Eine Schlachterei dort heißt Trumps. Motto ist vermutlich „Meat Africa Great Again“. Außerdem gibt es einen Supermarkt, wo ich ein paar Kekse und ein mir nicht näher bekanntes Buttermilch-Gebäck kaufe. Rusts heißen sie. Es handelt sich um extrem hartes Gebäck zum Stippen in Kaffee oder Tee. Da unser Reiseleiter mich dazu nötigt, schreibe ich noch auf, dass er mir die Provita-Kekse empfiehlt.
Dann fahren wir ins Hotel.
Zum Abendessen gibt es Salat, Kartoffelauflauf, Reis, gebackenes Butternusskürbismus und Rinderrippchen mit Barbecuesoße. Das Butternussmus schmeckt durch den Zimt wie der warme Apfelkuchen meiner Tante Addi, die ich hiermit grüße! Wir dürfen uns nur Rippchen nachnehmen, die anderen Sachen sind für eine andere Reisegruppe, die heute hier sind. Gestern waren wir hier allein, heute ist das Hotel überbucht. Nachtisch fällt auch aus, weshalb ich das harte Gebäck von heute Nachmittag verteile. Zum Glück ist das eine Gruppe aus jungen Leuten, da muss ich keine Sorgen haben, dass sie zu hart sind. Und dafür wie gestern 140 Rand (knapp 10 Euro)...
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