Vermischtes Kamera-Einstellungen und ihre Auswirkungen
Heute mal eine kleine FAQ, was man bei einer Digitalkamera so einstellen kann und wie sich das auf das Bild auswirkt
Da ich jetzt einige Male gefragt wurde, was die Einstellungen bei einer Kamera bedeuten, mache ich jetzt einen Post dazu, auch wenn es schon etliche andere Seiten behandelt haben.
Die folgenden Listen gehen davon aus, dass – soweit nicht anders angegeben – jeweils alle anderen in diesem Post aufgeführen (optischen) Faktoren unverändert bleiben.
Blende
Die Blende (engl. aperture) beschreibt, wie weit die Blendenlamellen innerhalb des Objektivs geöffnet sind. Als offenere Blende bezeichnet man den niedrigeren Zahlenwert (ƒ/2,8 ist offener als ƒ/8,0). Die offenste Blende eines Objektivs heißt Offenblende und gleichzeitig Lichtstärke des Objektivs (engl. lens speed), ein Objektiv mit großer Lichtstärke, also einer niedrigen Zahl, nennt man lichtstark (engl. fast, seltener bright).
Für eine offenere Blende gilt:
- Tiefenunschärfe (Bokeh): Das Bokeh ist stärker, deshalb muss man genauer fokussieren. Der Abbildungsfehler Bildfeldwölbung (fotografiert man einen flachen Gegenstand parallel zum Bildsensor, ist nicht alles scharf) wird dadurch deutlicher. Die optimale Blende, die die Blende größter Schärfe angibt, liegt aber trotzdem nicht bei der geschlossensten Blende sondern oft irgendwo zwischen 5,0 und 8,0.
- Licht: Es kommt mehr Licht in die Kamera.
- Abbildungsfehler: Praktisch alle Abbildungsfehler des Objektivs wie Vignettierung (dunkleres Bild in den Ecken), sphärische Aberration („Ausbluten“ bzw. „Pseudo-Unschärfe“ eigentlich scharfer Bereiche) und die Koma (Lichtstreifen um helle Punkte am äußeren Rand, kreisförmig um das Zentrum) sind stärker ausgeprägt. Mechanische Beschädigungen von Linsen oder Insekten im Objektiv hingegen verschwinden. Ich hatte auf einer Messe ein Sigma 20mm F1.4 Art in der Hand, dessen Vorderlinse der Aussteller im Glauben, die kratzfest vergütete Version statt dieser Vorserie in Händen zu halten, mit einem Schlüssel komplett verkratzt hat. Man sah es im Bild nicht.
- Objektive: Objektive, die eine so große Blende noch erlauben, sind teurer und schwerer, insbesondere bei großen Brennweiten von einigen hundert Millimetern und extremen Nicht-Fischaugen-Weitwinkeln.
Die größte Blende steht immer im Namen eines Objektivs. Die kleinste Blende wird selten angegeben, ist aber nicht beliebig klein. Da sich die Auswirkungen bei sehr kleinen Blenden vor allem auf die Lichtmenge beschränken, kann ein ähnlicher Effekt wie das weitere (aber nicht mehr mögliche oder erwünschte) Schließen der Blende durch Neutraldichtefilter (ND-Filter) erreicht werden. Nimmt man den binären Logarithmus der Zahl, mit der der ND-Filter beschrieben wird, erhält man die Anzahl der Stops (siehe unten), um die sich die Lichtmenge verringert.
Bei Spiegellinsenobjektiven kann die Blende nicht eingestellt werden. Auch eine Lochscheibe (engl. pinhole “lens”) hat eine fixe Blende irgendwo in der Größenordnung ƒ/160.
Eine Verdoppelung der Blendenöffnung (z.B. ƒ/2,8 zu ƒ/1,4) führt zu einer Vervierfachung des Lichts, da die Linsenöffnung eine Fläche ist, für die das Öffnen quadriert werden muss (2-fache Öffnung quadrieren ergibt 4-mal so viel Licht).
Korrektur des Belichtungswertes (Exposure Value, EV)
Bei praktisch allen Kameras und vielen Handys kann die Belichtung um Drittelschritte zwischen −3,0 und +3,0 korrigiert werden (seltener finden sich die Grenzen −2,0 bis +2,0 sowie Halbschritte in den Grenzen −5,0 bis +5,0). Dies wird meist mit EV abgekürzt, was für Belichtungswert steht. Man nennt die Funktion meist so oder Belichtungskorrektur. Ein höherer Wert der Belichtungskorrektur bedeutet:
- Helligkeit: Das Bild wird heller.
- Licht: Es wird mehr Licht benötigt, man muss also länger belichten, die ISO erhöhen oder die Blende öffnen.
ISO
ISO kennen die älteren Leser noch von den Analogkameras, wo man für jede ISO einen eigenen Film brauchte. Digitalkameras können die ISO frei einstellen, die Auswirkungen sind aber genau die gleichen. Eine höhere ISO (größere Zahl) führt also zu folgendem Ergebnis:
- Licht: Es wird weniger Licht für dieselbe Helligkeit benötigt bzw. es wird mit demselben Licht eine höhere Helligkeit erzielt. Man belichtet also im Verhältnis zur Helligkeit kürzer.
- Bildrauschen: Das Bildrauschen (feine Körnung) nimmt zu.
Belichtungszeit
Eine längere Belichtungszeit hat folgende Auswirkungen:
- Licht: Es kommt mehr Licht in die Kamera, sodass man z.B. die ISO reduzieren oder abblenden (die Blende schließen) kann.
- Bewegungsunschärfe: Sich bewegende Motive werden schwerer zu fotografieren bzw. unschärfer. Es wird schwieriger, freihändig ein scharfes Bild zu fotografieren, insbesondere ohne Bildstabilisator in der Kamera (engl. in-body image stabilisation, kurz IBIS) oder dem Objektiv (optischer Bildstabilisator, engl. optical image stabilisation, kurz OIS).
Stops – Abhängigkeiten der Einstellungen untereinander
Für die vier zuvor genannten Einstellungen gilt, dass es nur ganz bestimmte mögliche Werte gibt, die man Stops (Schritte) nennt. Gehe ich bei einer Einstellung einen Schritt in eine Richtung, geht genau eine andere Einstellung in die andere Richtung. Je nachdem, in welchem Aufnahmemodus die Kamera läuft (P, A, S oder M), lassen sich jeweils andere manuell einstellen, während sich die anderen automatisch ergeben oder aus Bequemlichkeit automatisch bestimmt werden.
Einstellung | Stops | AUTO | P | A | S | M | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Blende | … | ƒ/2,8 | ƒ/3,2 | ƒ/3,5 | … | automatisch | automatisch | manuell | automatisch | manuell | |
EV | … | −0,3 | ±0,0 | +0,3 | … | N/A (±0,0) | manuell | manuell | manuell | manuell | automatisch |
ISO | … | 500 | 400 | 320 | … | automatisch | beliebig | beliebig | automatisch | automatisch | manuell |
Belichtungszeit | … | 1/320 | 1/400 | 1/500 | … | automatisch | automatisch | automatisch | manuell | manuell |
Beispiel: Die fett markierten Werte seien meine aktuelle Einstellung. Öffne ich nun die Blende auf ƒ/2,8, verstärkt sich dadurch zunächst einmal die Tiefenunschärfe. Da nun mehr Licht in die Kamera kommt, passiert zudem eins der drei folgenden abhängig vom Kameramodus:
- Der Belichtungswert erhöht sich auf +0,3 – das Bild wird heller. (M-Modus, ISO ist auf einen Wert eingestellt)
- Die ISO senkt sich auf ISO 320 – das Bildrauschen nimmt ab. (M-Modus, ISO Auto)
- Die Belichtungszeit verkürzt sich auf 1/500 s – die Bewegungsunschärfe sinkt. (A-Modus)
- Alternativ kann ich mir auch einen Neutraldichtefilter der Stärke 2 (kurz ND2-Filter) vor die Linse schrauben, damit sich keine der drei vorgenannten Einstellungen ändert, da dieser 1 Stop weniger Licht rein lässt, denn lb(2)=1 (lb ist der Logarithmus zur Basis 2).
Nicht elektrische Objektive können nur im manuellen Modus und bei einigen Kameras auch im Blendenprioritätsmodus verwendet werden, wodurch die Bedienung entsprechend der obigen Tabelle einfacher wird, da man die Belichtungszeit nicht einstellen muss.
Praktisch alle Bilder auf dem Blog ab 2015 sind mit Blendenpriorität entstanden.
Und dann gibt es etwas, das man zwar nach dem Kauf einer Kamera nicht mehr beeinflussen kann, was meiner Meinung nach aber trotzdem in diese Liste gehört:
Sensorgröße
Die Sensorgröße kann man zwar nach dem Kauf nicht mehr beeinflussen, aber gehört meiner Meinung nach trotzdem zur Liste.
Für Kameras mit großem Sensor gilt:
- Preis: Sowohl die Kamera selbst (Gehäuse) als auch Objektive und Zubehör sind tendenziell teurer.
- Gewicht: Ebenfalls sind Gehäuse und Zubehör meist schwerer.
- Tiefenunschärfe (Bokeh): Das Bokeh ist stärker, deshalb muss man genauer fokussieren (bzw. anders als z.B. bei billigen Handykameras mit Fixfokusobjektiv: überhaupt), da nur ein kleinerer Bereich scharf ist. Das ist der Grund, warum Handykameras trotz sehr offener Blenden von üblicherweise um die ƒ/1,7 Bokeh nur per Software und nicht optisch erzeugen können – ihr Sensor ist einfach zu klein.
- Bildqualität: Es sind zumindest bei realistischen Größen generell mehr „echte“ Megapixel möglich und Bildrauschen wird erst bei höheren ISO-Werten (z.B. bei wenig Licht) sichtbar. Abbildungsfehler von Objektiven werden tendenziell deutlicher.
Man kann Objektive für größere Sensoren auf Kameras kleineren Sensoren verwenden, wenn das Bajonett identisch ist. Auf APS-C-Kameras multipliziert sich die Brennweise mit 1,5×, bei Canon mit 1,6×. Alternativ kann man einen Weitwinkelkonverter verwenden, wodurch sich statt der Brennweite die Lichtstärke erhöht.
Objektive von Kameras mit kleinem Sensor auf Kameras mit größerem Sensor zu verwenden, verkürzt prinzipiell die Brennweite um die genannten Faktoren, führt jedoch zu extremer Vignettierung bis hin zu einem kreisförmigen Bildausschnitt (der Rest ist schwarz), sodass man trotz geringerer Brennweite in aller Regel nicht nennenswert mehr sieht (keinen weiteren Winkel bekommt).
Die Tiefenunschärfe hängt übrigens auch zu einem großen Teil von der Entfernung des Fokus ab. Kilometerweit entfernte Motive sehen auch bei Offenblende scharf aus, auch wenn sie bei weitem nicht gleich weit weg sind, während bei einem nahen Tier, das einen ansieht, bereits die Nase sehr unscharf ist, wenn man die Augen fokussiert.
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