Vermischtes First World Problems
Die Bundesnetzagentur, dein Freund und Helfer
Letztes Jahr hat die Telekom ja das Telefonnetz in Deutschland mehr oder weniger abgeschaltet. Jetzt gibt es nur noch Internettelefonie.
Da meine Eltern immer noch ihren alten T-Net-Analoganschluss mit T-DSL-Resale aus dem Sommer 2007 haben, gab es am 16. Februar 2018 eine Ankündigung der Telekom und am 23. März anschließend eine Kündigung zum 23. Juli 2018. Das war eigentlich schon klar. Tele2 brauchte dann noch bis zum 29. April, die außerordentliche Kündigung zu bearbeiten.
Vom Preis und von den Leistungen war o2 am besten, also haben wir dort einen Anschluss beantragt. Leute beschweren sich ja ständig, dass beim Internet was nicht geht, daher haben wir auf Bewertungen nichts gegeben.
Überraschung: Seit spätestens 2007 sind im Telekom-Netz immer ca. 13 Mbit/s drin gewesen, weil die Dämpfung für die vollen 16 Mbit/s nicht reicht. Hat sich seitdem auch nicht weiterentwickelt. VDSL hat hier nur EWE ausgebaut. Die o2-Verfügbarkeitsprüfung bestätigte 16 Mbit/s. ADSL2+ eben. Bestätigt wurden hingegen 25 Mbit/s maximale und durchschnittliche Geschwindigkeit.
Entsprechend gespannt war ich auf den Schaltungstermin am 24. Juli 2018. Und entsprechend enttäuscht über immer noch dieselben 13 Mbit/s wie 2007. Nur jetzt halt mit mehr Upload dank Annex J.
Die Umstellung des Internets lief problemlos, da die Zugangsdaten bereits mit der Bestätigung der Geschwindigkeit mitgeschickt wurden und der Router (Bintec-Elmeg be.IP, eigentlich ein Profi-Router für Firmen, aber damals mit 70 Euro der günstigste Router mit Gigabit-Switch) die Eingabe mehrerer Zugangsdaten erlaubt. Tut er mit der aktuellen Firmware nicht mehr. Entweder legt er nur eine Route an und speichert die Zugangsdaten nicht, oder er stürzt ab.
Meine Eltern haben daher nichts mitgekriegt. Lediglich die Daten für die Telefonie, die bereits vor Umstellung des Internets abgeschaltet wurde, kamen erst am 25. Juli um 21:23. Bzw. es kamen drei allesamt nichtssagenden Mails, aus denen man mit viel Fantasie vermuten konnte, die Daten seien nun im Kundenbereich hinterlegt, was sie auch waren.
Einige Wochen später kündigte o2 an, jetzt Anschlüsse im Anschlussbereich von EWE schalten zu können. Die Verfügbarkeitsprüfung sagte jetzt auch 50 Mbit/s und der damals beantragte 25-Mbit/s-Tarif wurde auch auf 50 Mbit/s aufgeweret. Also mal nachgefragt, per Twitter und dann per Forum. Beides gilt nicht für Bestandskunden, dafür muss man den Vertrag wechseln und auf alle verbliebenen Neukundenboni verzichten.
Seit einigen Wochen haben wir in der Firma einen neuen Systemadministrator. Der hat vorher bei einem lokalen Internetanbieter gearbeitet. Ich fragte ihn, ob diese Breitbandmessung was taugt, die enge Toleranzbereiche bei der Anschlussgeschwindigkeit setzt. Ganz böse können die da werden bei der Bundesnetzagentur und horrende Geldbußen verhängen, wenn in 20 vom Kunden auszuführenden Messungen auch nur einer der folgenden Punkte eintritt:
- 90% der maximalen Geschwindigkeit [22,5 Mbit/s] wird nicht mindestens in einmal pro Tag erreicht.
- Die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit [25 Mbit/s] wird nicht in 90% der Messungen erreicht.
- Die minimale Geschwindigkeit [6 Mbit/s] wird an beiden Tagen mindestens einmal unterschritten.
Durch das geschaltete ADSL2+ sind nur maximal 16 Mbit/s drin und eine vertragskonforme Lieferung somit selbst auf dem Papier nicht möglich. Aber die Bundesnetzagentur will, dass man die Breitbandmessung-Desktop-App installiert und damit 20 Messungen durchführt. Ein paar Bemerkungen:
- Man hat 2 Wochen Zeit, in denen man an zwei Tagen jeweils 10 Messungen im Abstand von mindestens 5 Minuten durchführen muss. Das ist nervig, weil man alle Anwendungen schließen muss/soll, aber gut.
- Man kann nicht mehr als 10 Messungen an einem Tag durchführen.
- Die 2 Wochen laufen auch dann ab und können nicht ohne Weiteres vor Ablauf neu gestartet werden, wenn man den ersten Tag verhaut (weil man keine 10 Messungen durchführt).
- Die App hat komische Vorstellungen, was schaffbar ist und was nicht. In 50 Minuten 8 Messungen durchführen (also 35 Minuten Abstände plus Dauer des Tests von einer halben Minute)? Laut App nicht möglich, aber man darf es trotzdem probieren.
- Man kann die Tage in den 2 Wochen frei wählen. Wer in einer Großstadt wohnt und Kabelinternet hat, misst z.B. jeweils Freitagabend.
- Wenn die Ergebnisse an einem Tag das eigene Statement nicht untermauen, kann man einfach keine 10 Messungen durchführen.
- Tage, an denen man weniger als 10 Messungen durchgeführt hat, tauchen nicht im Protokoll auf, sind aber in der App vorhanden und als ungültig markiert. Auch die Zeit vor der ersten gültigen Messung taucht im Protokoll nicht auf.
- Hat man einen Tag abgeschlossen und misst anschließend an einem Tag das 10. Mal, wird ein Messprotokoll als PDF erstellt. Die Messkampagne ist dann beendet und kann nicht mehr verändert werden.
- Der Upstream interessiert nicht und wird in der Desktop-App anders als auf der Website nicht gemessen.
Hier mein Messprotokoll. Die ganz oben angegebenen Geschwindigkeiten sind übrigens falsch, es müssten 25/25/6 Mbit/s sein, das spielt aber keine Rolle.
Was man mit dem Messprotokoll und der staatlich bestätigten „erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichung der Geschwindigkeit“ machen kann, steht da zwar, aber wie man zur Ultima Ratio Verbraucherservice greift, steht da nicht. Deshalb sag ich’s euch: Unter den fünf grauen Boxen auf der oben verlinkten Seite der Bundesnetzagentur ist ein Link. Da klickt man drauf. Vorher muss man sich aber selbst um Klärung der Angelegenheit bemüht haben. Habe ich damals schon im Forum.
Also habe ich mein Messprotokoll, ein PDF vom Forenthread bei o2 und die Auftragsbestätigung über das verlinkte Formular im Namen meiner Eltern am 14. Juli 2019 an die Bundesnetzagentur geschickt. Ein abweichender „Beschwerdeführer“ ist ausdrücklich vorgesehen, was gut ist für Eltern und Großeltern (auch wenn die wahrscheinlich von der höheren Geschwindigkeit nichts merken). Am 25. Juli kam plötzlich eine Auftragsbestätigung von o2 rein. Mit Schaltung von 50 Mbit/s maximal und durchschnittlich am 5. August 2019 und neuem Benutzernamen (aber altem Kennwort). Der war auch in der Nacht zu heute noch nicht gültig, inzwischen ist er es aber.
Anders als beim letzten Mal wurde das Internet am frühen Morgen abgeschaltet und erst im Laufe des Tages umgeschaltet. Formal war das Internet noch da, denn ADSL2+ war synchronisiert und unabhängig von der Zugangsdaten war man auch eingewählt. Einziges Manko: Nur unverschlüsselte Internetseiten konnten aufgerufen werden und die sahen alle gleich aus:
Praktisch wie damals in der Sowjetunion, wo man auch keine Stereoanlagen brauchte, weil man eh von allen Seiten dasselbe hörte. Zuzmindest laut Radio Eriwan.
Im Laufe des Tages kam dann das neue VDSL2. Und... Etwas über 51 Mbit/s down und etwas über 10 Mbit/s up (neue YaTQA-Versionen hochladen in 1 Sekunde!). Läuft. Die Sache mit der Breitbandmessung funktioniert also tatsächlich, wenn man es richtig macht.
Ein Problem bleibt derzeit noch: Neben den Zugangsdaten fürs Internet, die o2 immer sehr früh schon verschickt, haben sich augenscheinlich auch die Zugangsdaten für die Telefonie geändert. Und die sind mir derzeit noch immer nicht bekannt, weil der Auftrag laut Website noch in Arbeit ist. o2 muss sich noch mit o2 wegen des Providerwechsels absprechen. Zumindest beim letzten Mal gab es übrigens noch eine Vertragsabweichung neben der Geschwindigkeit: Statt einer VoIP-Telefonleitung wurden mehrere geschaltet. Wenn man mit einem Telefon telefonierte, konnte man weiterhin auf dem anderen anrufen und sogar angerufen werden, was beim ersten Auftreten zu großer Verwirrung führte: Warum nimmt der andere nicht ab? Ja weil er gerade schon telefoniert.
Der Ping ist übrigens derselbe, ebenso ist die Route weiterhin über o2 und entsprechend umständlich. Zu meinem Server in Frankfurt sind somit unverändert 28 ms. In meiner Wohnung in Minden hatte ich etwa denselben Ping über die Telekom-Routing (via 1&1) und hatte bis heute mein VDSL 25 Mbit/s in Verdacht, da meine Eltern mit Tele2 (Routing zuerst von Tele2, später von der Telekom) jeweils 12 ms hatten, nachdem 2013 das Internet mal einen Monat lang täglich ausgefallen ist, es dann irgendwann wieder lief und plötzlich Fastpath aktiviert war. Wobei bei Fastpath ja kein Merkmal aktiviert sondern ein Merkmal (Interleaving) deakiviert wird. Und dafür wurde mal eine Zeit lang 1 Euro im Monat verlangt. Auf jeden Fall ist VDSL von der Technik selbst her nicht langsamer als ADSL.
Wieso ADSL2+ seine maximalen 16 Mbit/s nicht gemacht hat aber ohne Baumaßnahmen jetzt die vollen 50 Mbit/s VDSL2 drin sind, verstehe ich zwar nicht. Aber dafür habe ich ja einen Kollegen, den ich ner fragen kann.
Vermischtes First World Problems (Teil 2)
Die Rache der ISPs?
Heute hat O2 den Auftrag abgeschlossen und die Zugangsdaten fürs Telefon zur Verfügung gestellt. Während sich beim Internet nur der Benutzername geändert hat, hat sich beim Telefon nur das Passwort geändert. Der Telefonanschluss meiner Eltern war somit über 10 Tage und 10 Stunden nicht funktionsfähig, beim Wechsel von der Telekom zu O2 waren es nur 1 Tag und 19 Stunden.
Vielleicht will sich O2 einfach rächen, dass ich ihnen die BNetzA auf den Hals gehetzt habt. Wenn ihr euch also auch über eure nicht vertragskonforme Internetgeschwindigkeit auskotzen wollt, plant schonmal anderthalb Wochen Ruhe ein.
Nachrichten vor Ort Von Moos und Moor
Eine Führung durch das Verdener Moor
Heute Abend war ich auf einer Veranstaltung des Nabu Verden. Die Ortsgruppe Kirchlinteln führt jährlich durch das Verdener Moor in Verdenermoor, Heins und Neddenaverbergen (alles Ortsteile von Kirchlinteln). Dieses Jahr leitet der Vorsitzende Gustav Schindler die kostenfreie Exkursion.
Wir treffen uns an der Bushaltestelle „Groß Heins Forsthaus“. Wir warten noch kurz, da die Verkehrssituation heute Abend sehr angespannt ist. Außer meiner im Juni auf der Nabu-Hansebird kennengelernten Bekannten aus Hamburg, die in Kirchlinteln Verwandte hat, und deren Frau und Bruder schaffen es aber auch in der knappen Viertelstunde Extra-Zeit keine Leute hierher, die nicht schon zum offiziellen Startzeitpunkt 18 Uhr da waren.
Von der Bushaltestelle geht es mit Fahrgemeinschaften einige hundert Meter den Goldbornweg entlang zum namensgebenden Weiler, wo die kleine Wanderung an einer kleinen Trafostation startet.
„Das Verdener Moor ist ein Naturschutzgebiet. Da vorne steht das Schild. Man soll auf den Wegen bleiben. Es gibt aber keine.“, sagt Herr Schindler zu Beginn der Tour. Es gibt aber eine Art Damm. Was es damit auf sich hat, dazu kommen wir später noch.
Wir gelangen zu einer großen Lichtung.
Auf der gegenüberliegenden Seite (auf dem obigen Bild hinter mir) fällt das Gelände an einer Kante einen guten Meter ab, da hier Torf abgetragen wurde. Es folgt eine Wiese und dahinter sind Schafe und Ziegen, die hier zur Pflege eingesetzt werden. Ziegen haben gegenüber den Schafen den Vorteil, dass sie auch Kiefern fressen. Diese gehören ebenso wie die ebenfalls allgegenwärtigen Birken eigentlich nicht hier her. Wir können/dürfen/sollen die jungen Bäumchen ausrupfen, weil sie dem Moor das Wasser entziehen. Richtig gelesen, Pflanzen ausrupfen in einem Naturschutzgebiet aus Naturschutzgründen.
Außer den genannten Bäumen gehört auch die auf dem obigen Bild dominierende Besenheide nicht hier her. Eigentlich sollte hier die Glockenheide sein.
Weitere häufige und gutartige Moor-Gewächse, insbesondere auch im Wald, sind Schwarze Krähenbeere, Gewöhnliche Moosbeere und Bickbeere (regionaler Ausdruck für Heidelbeere). Alle können wir essen, Moosbeeren finden wir jedoch keine. Die Großfrüchtige Moosbeere (engl. „Cranberry“) ist hingegen eine andere Pflanze, die in Amerika angebaut wird.
Das Moor entstand, indem der Nabu in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchs senkrechte Einrammen von Baumstämmen in die Entwässerungskanäle das ehemalige Moor, das damals Privateigentum war, wieder flutete. Der Landkreis kaufte einige Flächen und erklärte das Moor 1989 zum Naturschutzgebiet.
Die genannten störenden Bäume sterben schnell ab, wenn sie etwa das halbe Jahr im Wasser stehen, was man an den abgestorbenen Baumstüpfen und Baumstämmen oben gut erkennt.
Torf entsteht durch das Torfmoos. Moos und Moor sind vermutlich verwandte Wörter, im südlichen deutschen Sprachraum wird „Moos“ sogar für beide Begriffe genutzt. Das Torfmoos ist in der Lage, das 20- bis 30-fache seines Gewichtes an Wasser aufzunehmen. Abgestorbene Teile bilden etwa 1 mm Torf pro Jahr. Bis 1965 gab es in Wiesmoor in Ostfriesland sogar ein Torfkraftwerk, das im genannten Jahr aufgrund des sehr wenig gewordenen Torfes geschlossen wurde. Irgendwie traurig. Nach dem Krieg hat man zur Nahrungsgewinnung Moorbrände gelegt und Buchweizen ins noch warme Moor gesät.
Letztes Jahr hat die Führung jemand anders gemacht und dieses Jahr erkennt Herr Schindler das Moor kaum wieder, so stark wie es in den letzten zwei Jahren ausgetrocknet ist. Besonders gut sieht man es an den Gräben, oder eben am Hauptsee:
Wir gehen weiter zu einer Stelle, an der die Familien aus Heins früher Torf für den Eigenbedarf gestochen haben.
Auf dem obigen Bild erkennt man auch gut die in diesem Teil ganz extreme Präsenz von Kiefern. Die Oberschule Kirchlinteln hat versucht, welche zu vernichten und auch Nabu und Landkreis rücken gelegentlich mit Kettensäge an, es scheint aber kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein.
Dann ist die anderthalbstündige Tour auch schon wieder vorbei. Bei der Verabschiedung können wir noch ein paar Schrecken fotografieren. Sachdienliche Hinweise zu deren Identifikation nehme ich gerne entgegen.
In zwei Wochen ist in Kirchlinteln-Specken eine Nabu-Führung zum Thema Grünstreifen. Vielleicht gibt es dann ja wieder einen Blogpost.
(Ich erteile hiermit der MK (z.B. VAZ) und dem Nabu die Erlaubnis, sämtliche Bilder des Posts mit Angabe des Autors Janni Kettenburg in allen Publikationen zu verwenden.)
(Alle Bilder sind mit dem Tamron 28–75mm F2,8 entstanden.)