Vermischtes Lichtblick

Ich find Schlager toll ... oder zumindest nicht schlecht. Oder ich hab einfach akzeptiert, dass ich ständig Ohrwürmer habe davon.

geschrieben von Janni Sonntag, 27. Dezember 2020 um 23:13 Uhr

Das Jahr 2020 geht zu Ende. Für viele ein Jahr zum Vergessen. Ich habe zwar wirtschaftlich keine Nachteile dadurch, aber es war einfach langweilig. Gut, ein wirtschaftlicher Nachteil ist der riesige Schuldenberg, den die Regierung den Jungen primär zum Schutz der Alten aufbürdet. Generationenkonflikt incoming. Und dann diese sinnlose und teure Mehrwertsteuersenkung. Ich habe mir quasi nichts Größeres in der Zeit gekauft.

Dafür, dass es die europäischen Regierungen zumindest relativ richtig gemacht haben, spricht dass der Euro dann doch ziemlich durch die Decke gegangen ist dieses Jahr. Seit dem 20. März ist er jetzt über 15 US-Cent mehr wert.

Twitch – Seltsame Subkultur oder Hoffnung für Musiker?

Geholfen wurde mit dem Geld ja vor allem der Reise- und der Veranstaltungsbranche. Einige von den Betroffenen haben sich auch was überlegt, was sie jetzt machen können. Das ist für Künstler der Musikbranche natürlich einfacher als für die Leute, die sich eher im Hintergrund bewegt haben. Bekannte Musiker treten in Streams auf. Auch weniger bekannte Persönlichkeiten machen das. Für sie bietet sich die Livestreaming-Plattform Twitch an.

Zwei DJs, denen ich auf Twitch folge, sind Anastasia Rose und aus deren Team Mike Morino. Erstere ist offenbar schon vergleichsweise berühmt mit 10.000 Abonnenten. Bei Twitch sind Abonnenten Leute, die (mindestens) 5 Euro im Monat zahlen. Diese 5 Euro kriegt zur Hälfte der Betreiber Amazon, der dem Nutzer auf dem Kanal des Künstlers keine Werbung mehr zeigt (dies ist aber sowieso eher wenig), die andere Hälfte kriegt der Künstler. Der Nutzer kann im Chat Emojis (Symbole) benutzen, die der Künstler meist basierend auf irgendwelchen Memes oder von ihm häufig verwendeten Begriffen erstellt hat. Außerdem erhalten Künstler oft Geld von Zuschauern, entweder direkt oder in Form der Twitch-„Währung“, die Bits heißt. Der große Nachteil von Musikstreams auf Twitch ist, dafür jeweils bedanken und dann wirklich sehr viel über die Musik quatschen.

Anastasias Berühmtheit reichte aber dann nicht, dass sie am 28. November bei der Talentshow von Knossi gewonnen hätte. „Wenn Sie beim Namen Knossi an [...] [Mini-Cabanossi] denken“, sagte Jan Böhmermann zwei Tage zuvor in seinem ZDF Magazin Royale (ab 11:44), „dann sind Sie wahrscheinlich über 25.“ (das Zitat kommt bei 15:13). Sonst hätte ich den auch nicht gekannt. Knossi ist ein ehemaliger Fernsehmoderator, der sich jetzt auf Twitch zumeist beim Online-Glücksspiel zeigt. Damit ist er der am drittmeisten gefolgte Kanal auf Twitch geworden. Das Folgen eines Kanals führt nur dazu, über den Start von Übertragungen informiert zu werden und kostet nichts.

Am besten gefällt Knossi, wenn er bei einem maritim gestalteten Spielautomaten gewinnt. Das Symbol dafür ist eine Alge. Unter diesem Namen gibt es u.a. ein Lied, einen Likör und einen Glühwein. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat ihn Twitch wegen der Bewerbung von Alkohol aber erstmal vorübergehend gesperrt.

Auf jeden Fall macht der Knossi manchmal eine Talentshow, bei der zwölf Leute jeweils zehn Minuten was zeigen. Die drei, die am besten abschneiden, dürfen im Finale nochmal antreten. Zu Gewinnen gibt es einen Raid, das heißt, dass alle Zuschauer am Ende einer Übertragung auf einen anderen Kanal geschickt werden. Alle Zuschauer des dritterfolgreichsten deutschen Twitch-Streamers zu kriegen, ist schon was. Anastasia Rose ist damals nicht mal ins Finale gekommen. Dafür hätte sie aber auch keine Zeit gehabt, denn sie ist noch ganz normal Krankenschwester. Dass sie das trotz ihres Erfolgs bei Twitch weitermacht, ehrt sie. Gerade in so einem systemrelevanten Beruf.

Und nach ihrem Stream an dem Tag hat Anastasia Rose einen Raid zu Mike Morino gemacht. Der hat an jedem Wochentag ein Thema. Seine Donnerstagsshow finde ich am interessantesten, denn da läuft Hands Up, sozusagen kommerzieller Techno im engeren Sinn. Und teilweise auch Schlager-Hands-Up-Bootlegs...

Mein Herz schlägt Schlager

Bedeutende Produzenten von Schlager-Bootlegs sind Cloud Seven (Osnabrück), DJ Restlezz (Schweiz) und The Nation! (Amtsberg), die auch gerne zusammenarbeiten.

Bootlegs sind inoffizielle Abwandlungen von Liedern. Bei Schlager ist das Prinzip eigentlich recht einfach. Was man modernen Schlager nennt, sind so genannte Club-Mixe, die stilistisch schon nah an Hands Up dran sind. Sie sind mit um die 125 BPM etwas langsamer als Hands Up mit meistens 140 BPM. Außerdem fehlt noch etwas mehr Bass, Adlibs (kurze Ausrufe) und der Einsatz des Hands-Up-Instruments schlechthin – der Supersaw (ein gewisser Synthesizer-Patch). Oft kommt auch ein Instrumentalteil damit vor, wobei ich der Meinung bin, dass zu viel und vor allem nicht mit dem Lied zusammenhängender Instrumentalteil einen guten Schlager-Remix stört.

Ihr seht, Schlager-Hands-Up-Bootlegs zu machen, ist grundsätzlich nicht so schwer. Ich überlege, ob ich auch mal eins machen sollte. Oder vielleicht einen ganz eigenen Schlager, wobei mir keine derart banalen Texte einfallen.

Bis dahin nerve ich einfach weiter meine Freunde auf TeamSpeak mit Schlager auf der Ukulele. Ein Blick auf die in den letzten Wochen von mir erstellen Tabs auf Ultimate-Guitar:

Außerdem noch vor fast 4 Jahren Jenseits von Eden (1983) von Nino de Angelo nach diesem Blogpost.

Ich glaube, das sagt mehr als Tausend Und Eine Nacht – äh, sorry – tausend Worte.

Lichtblick ist eine Band, die Kristina Bach Ende 2016 gecastet hat, und Deutschlands erste Schlager-Girlgroup. Tausend Und Eine Nacht ist deren Debüt-Single und aus irgendeinem Grund fand es der Produzent angemessen, das Stück gegen Ende in Schlager-Dubstep abdriften zu lassen.

Wer jetzt glaubt, das einzige Werk von irgendwem namens Bach in seinem Regal wäre klassische Musik, der sollte mal schnell ins das Booklet von Atemlos durch die Nacht schauen, immerhin steht das Ding in über einer Million Haushalte. Text und Musik ist beides von der Kristina.

Nachdem Mike Morino gestern Abend einen Schlager-Stream gemacht hat, der zunächst sogar einfach normale Schlager und kein Hands Up beinhaltete, hab ich fiese Ohrwürmer vor allem von Tausend Und Eine Nacht. Dazu noch das Blasmusik-Stück Die Hektar hat von den Draufgängern (2016). Letzteres ist ein Cover von Die immer lacht mit einem Text, der sich an traditionellen Werten orientiert:

Komm her meine Süße und zeig mir dein Land
Zeig mir was du hast und wir werden seh'n
Wie groß es ist
Zu pflügen und sich dabei zu vergnügen
Oh zu säen
Ich will sehen, wie wir es mähen
Oh zu mähen
Zeig mir, was du hast

Das erinnert mich an die letzte Ausgabe vom Duell um die Welt am 5. Dezember. Da haben sie Vanessa Mai für eine Aufgabe nach Norwegen geschickt. Die Aufgabe bekam sie auf einem Felsen vom „größte[n] Schlager-Fan der Welt“, einer Norwegerin namens Imma. Nachdem Imma als Begrüßung auf dem Felsen „Das ist Wahnsinn, wir schicken dich in die Hölle!“ gesungen hatte, erklärte sie, ihr richtiger Name sei Die Imma lacht und sang Scheiß drauf (besser bekannt als Malle ist nur einmal im Jahr) von Peter Wackel. Als Vanessa Mai ihre Aufgabe akzeptiert hatte, fragte Imma „Warum hast du nicht Nein gesagt? Es lag allein an dir.“ Aufgabe war, mit Walen zu tauchen. Und als Vanessa Mai die Puste ausgang, gab es Atemlos durch die Nacht.

Die Imma lacht
Die Imma lacht und Vanessa Mai. Bild: ProSieben

Nach dem Stream von Mike Morino hab ich mich wegen all der Ohrwürmer natürlich auch gefragt: „Warum hat du nicht Nein gesagt zu dem Stream?“ Weitere hartnäckige Ohrwürmer aus dessen Streams:

Letzteres ist übrigens kein Cover von Egal vom Wendler (2017). Letzteres ist übrigens selbst ein Cover und zwar von Das machst du nur, um mich zu ärgern von Matthias Reim (2005).

Vor genau einem Jahr hatte ich noch einen Ohrwurm von Inselkind (2019) von Carolina Noeding im Cloud Seven & DJ Restlezz Bootleg Mix, nachdem das auf Technobase lief. Technobase ist auch ein einigermaßen steter Quell von Schlager-Remixen. Sehr beliebt ist nachts von Fix & Fox Komm, wir gehen in den Wald, ein Cover von Fuchs, du hast die Gans gestohlen. Jetzt etwas weniger, nachdem DJ D0wntime von dort zu Twitch gewechselt ist. Als der während einer Sendung gesagt hat, dass er Technobase verlassen wird, haben sie die Übertragung damals abgebrochen und anschließend – aus welchem Grund auch immer – die Titelliste gelöscht. Erinnert mich daran, dass zur Weihnachtszeit einige Radiomoderatoren herausfinden möchten, wie oft man Last Christmas (das Original) wiederholen kann, bis man den Strom abgedreht bekommt. Den Rekord hält meines Wissens Antenne Kärnten mit 24 mal. Na ja, immerhin machen die das in der Weihnachtszeit.

Tracklist von N-Joy am 17. Dezember 2013 von 7 bis 8 Uhr
Zählt nicht: einstündiger Last-Christmas-Marathon auf N-Joy mit unterschiedlichen Versionen (17. Dezember 2013)

Und obwohl sich das „Feiern“ ins Internet verlagert, mussten wir dieses Jahr Abschied von Techno4ever nehmen, sozusagen dem kleinen Konkurrenten von Technobase. Nachdem man um Ostern noch einen Marathon-Stream unter dem Motto Stay Home – Stay Safe auf die Beine gestellt hat, war am 30. April Schluss. Techno4ever hat mich seit 2008 bei der Entwicklung meines ersten großen Projekts paw·ned² begleitet. RIP in Peace.

Auch die Band Lichtblick hat sich übrigens Anfang des Jahres aufgelöst, dabei wäre gerade in der Corona-Zeit ein Lichtblick sehr viel Wert. Aber es gibt ja seit heute die Impfungen, die für die Reise- und Veranstaltungsbranche sicherlich ein Lichtblick sind.

Urlaubsplanung

Kommen wir zur anderen gebeutelten Branche der Corona-Krise. Der Reisebranche. Ich wollte eigentlich im Februar einen auf Alligatoah machen und im Starbucks in Phuket sitzen. Aber die Reise wurde abgesagt. Aus Teilnehmermangel. Die drei bereisten Länder (Singapur, Malaysia, Thailand) sind alle keine Risikogebiete, allerdings gibt es Einreisebeschränkungen bzw. Quarantäne. Ich glaube nicht, dass MPR-YLT überhaupt irgendeine Reise in den ersten – sagen wir – vier Monaten zusammen bekommt. Also mal nach was Anderem umsehen.

Eigentlich würde es ja Sinn ergeben, wenn ich mein Schicksal akzeptiere und die Sonnenklar.tv-Schlagerwoche in el-Guna (Ägypten) am 5. Juni buche. Aber nein. Ich würd wahrscheinlich dann auf die Bühne stürmen, ein bisschen Schlager auf der Ukulele spielen und dann Ärger kriegen.

Derzeit favorisiere ich, im Mai noch einmal mit gadventures die Südliche Ägäis zu machen – übrigens zusammen mit Kriti (Kreta) und Madeira die einzigen klassischen Feriengebiete, die nie Risikogebiet waren. Im Oktober war ja mein einziger Kritikpunkt, dass wir für die kurzen Tage zu viel getrödelt haben. Die von mir favorisierte lange Version startet aber in Attika (Athen) und das ist Risikogebiet. Sie geht dann nach Santorin, wo ich noch zwei Tage Verlängerung buchen würde.

Bis dahin ist ja noch Zeit. Planen kann man derzeit eh nicht, gerade wenn man die Flüge selber buchen muss. Eurowings hat die Anfang Oktober ausgelaufene Stornierung in einen 3 Jahre gültigen Gutschein wieder eingeführt, die ich sehr gut fand und sogar mal genutzt habe. Allerdings nur bis zum 28. Februar. Was für Flüge überhaupt verfügbar sind, ist noch nicht so ganz abzusehen. Nach aktuellem Stand wären passende Flüge mit LH, OS und A3. Die kann man zwar umbuchen, aber muss 2021 reisen.

Also am besten wieder zeitnah buchen, aber auch die Plätze für die Reise im Blick behalten. So ist halt Reisen in Corona-Zeiten.


Das war’s dann wohl für dieses Jahr. Übrigens das erste seit 2010, in dem es jeden Monat einen Blogpost gab. Und ab Freitag heißt es dann wieder: Januar ist nur einmal im Jahr.

Zum Glück.


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