Vermischtes Mit Abstand am besten
Ein Tag auf Helgoland. Bzw. gut 4 Stunden auf Helgoland und 10 Stunden An- und Abreise.
Irgendwie war ich auf die Idee gekommen, mal nach Helgoland zu fahren – diese Eintönigkeit wegen Corona wieder loswerden, am besten noch vor Beginn der Ferien. Auf Helgoland gab es noch keinen Corona-Fall, der Landkreis Verden war am Donnerstag der am stärksten betroffene Ort (Neuinfektionen der letzten 7 Tage pro 100.000 Einwohner) bundesweit.
Also bin ich gestern mit einem Kollegen zunächst mit dem Zug nach Cuxhaven gefahren. Eigentlich muss man beim Niedersachsen-Ticket vor Fahrtantritt die Namen aller Fahrgäste eintragen. Da es in Deutschland keine Pflicht zum Mitführen eines Kugelschreibers gibt und ich auch nie einen mitnehme, bekomme ich sonst immer vom Kontrolleur einen geliehen. In Corona-Zeiten stempelt der Kontrolleur das Ticket allerdings einfach so ab.
Irgendwie hatte ich mich bezüglich des Weges vom Bahnhof zum Anleger etwas vertan, letztendlich erreichen wir das Schiff aber doch noch rechtzeitig. Wir kommen auf dem Weg beim havenhostel vorbei, das draußen eine riesige LED-Wand hat. Der Computer, der sie steuert, hat offenbar kein Internet, weshalb auf der Tafel ein Fehler angezeigt wird.
Wir fahren mit dem Schiff MS Helgoland. Der Katamaran fährt so früh, dass eine Bahnanreise nicht möglich ist. Da er auch bereits sehr früh wieder zurück nach Cuxhaven fährt, ist der Aufenthalt auf Helgoland für Tagesgäste etwa gleich lang. Man verbringt nur etwa doppelt so viel Zeit auf dem Schiff. Prinzipiell könnte man mit dem Katamaran von Cuxhaven zur Insel hin und wahlweise mit dem Schiff nach Cuxhaven (Einzelfahren sind allerdings teurer als gemeinsam gebuchte Hin- und Rückfahrt) oder dem Katamaran nach Hamburg zurück fahren (da kostet zwar nichts extra, allerdings muss man dann von Hamburg zu seinem Auto nach Cuxhaven kommen).
Wegen Corona bekommt man einen Platz auf dem Schiff zugeteilt. Da dieser Platz theoretisch bewirtet wird, muss man dort keine Maske tragen, wohl aber, sofern man herumrennt.
Herumrennen sollte man, um ein bisschen was vom Watt zu sehen.
Oder man schaut sich die Möwen an. Hier gibt es vor allem Lachmöwen.
Dass man auf dem Schiff keine Rucksäcke auf dem Rücken tragen darf, liegt hingegen nicht an Corona, sondern daran, dass man sonst leicht gegen den Feueralarm kommt und Leute die Feuertüren ins Gesicht kriegen.
Nach etwa 2:40 Stunden Fahrt kommen wir auf Helgoland an. Dort liegt bereits die Fair Lady, obwohl sie gleichzeitig mit unserem Schiff in Cuxhaven losgefahren ist und laut technischen Daten zwei Knoten langsamer. Während die MS Helgoland im Fahrplan der Reederei Cassen Eils als „SCHIFF“ bezeichnet wird, wird die Fair Lady als „FAEHRE“ geführt. Also eher eine Fähr Lady. Eigentlich fährt sie zwischen Bremerhaven und Helgoland (mit Ausbooten vor Helgoland), aber da wegen der Corona-Situation die verbliebene Kapazität eines einzigen Schiffes nicht ausreicht, fährt sie diesen Monat von Cuxhaven ab und legt direkt am Südhafen an. Wir fahren nachher mit ihr zurück, weil es für die Helgoland keine Karten mehr gab.
Düne
Wir beeilen uns, um noch die 13-Uhr-Fähre Witte Kliff zur Nebeninsel Düne zu bekommen. Von dort hat man einen guten Blick auf Helgoland:
Auf der Düne gibt es einen Bohlenweg, der im Sommer zugunst der brütenden Vögel teilweise gesperrt ist. Auf dem nicht gesperrten Teil fliegen plötzlich einige Silbermöwen sehr tief über uns.
Mein Kollege sieht auch, warum:
Ansonsten gibt es hier Aaskrähen (offenbar sogar beide Morphen), Graugänse, Austernfischer, Spatzen, Kormorane und viele weitere.
Außer Vögeln gibt es auch Seehunde. Mit ausreichendem Tele kriegt man die ganz gut drauf, es ist vielleicht bloß etwas komisch, mit einem 600er-Tele über den FKK-Strand zu laufen. Mein Kollege findet, ich sollte meinem langen Objektiv den Namen Lange Anna geben.
Am nordöstlichsten Punkt der Düne befindet sich eine Plattform, auf der es sich Kormorane gemütlich gemacht haben.
Wir gehen vorbei am kleinen Flugplatz Helgoland-Düne. Am 24. März 1974 hat trotzdem ein Lufthansa-Pilot hier auf einem Überführungsflug eine Boeing 737-200 aufgeditscht, bevor er weitergeflogen ist.
Dann einmal kurz zum Friedhof die Glocke läuten, dann zur Rock ’n’ Roll Gedenkstätte – schon sind wir auch schon einmal um die Düne rum. Dann also wieder mit der kleinen Fähre zurück zur Hauptinsel.
Helgoland
Wieder auf der Hauptinsel gehen wir kurz zu einem der drei Supermärkte. Alle sind Edeka-Filialen. Der Insel–Markt im Unterland hat sonntags bis 15 Uhr offen, der Falmmarkt am Rand des Oberlandes täglich von 7 bis 22 Uhr. Der Edeka im Zentrum des Oberlandes und die Edeka-Insel-Markt-Drogerie haben sonntags nicht geöffnet.
Derzeit in aller Munde ist die Mehrwertsteuersenkung, ein Konjunkturprogramm für IT-Projektmanager, IT-Berater und Software-Entwickler, die das umsetzen müssen, also die Ärmsten der Ärmsten. Helgoland versteht derweil nicht, worum es geht, denn laut Kassenzettel gibt es den normalen Mehrwertsteuersatz von 0% und den ermäßigsten von ebenfalls 0%. Trotzdem ist hier alles teurer.
Nichts kostet hingegen der Insel-Rundweg auf dem Oberland.
Die jungen Basstölpel schlüpfen gerade. Aufgrund der Hitze wirken sind sie kaum aktiv. Der Basstölpel ist der einzige Tölpel, der in Deutschland brütet, und das auch nur auf Helgoland. Die Vögel brüten direkt neben dem Weg zwischen diesem und dem Abgrund und stören sich nicht an den Menschen. Man kann so die Vögel problemlos fotografieren.
Ebenfalls einzigartig in Deutschland ist die Trottellumme. Während die Tölpel sowohl am als auch auf dem Felsen brüten, brütet dieser „Pinguin für Arme“ nur an den Felsen. Die sehr ähnlich aussehenden Tordalke sind vor einigen Tagen wieder aufs Meer aufgebrochen.
Noch eine weitere Art ist hier für Deutschland einzigartig: Die Wildform des Gemüsekohls.
Auch in der Nähe und auf der Langen Anna sind noch immer sehr viele Basstölpel nahe des Weges.
So, jetzt aber zurück zum Schiff. Netterweise sind auf dem östlichen Teil des Klippenrandweges keine Vögel mehr, die ich zwangläufig fotografieren müsste, sondern nur ein paar Schafe und Rinder:
Der Abschied fällt auf jeden Fall nicht schwer, denn...
So, jetzt aber wirklich zum Schiff.
Da ist ja unser „Hochsicherheitslager“ der IT in der Firma noch sicherer. Dabei handelt es sich einfach um ein Regal, das sehr hoch ist. Da praktischerweise die drei größten Leute der Firma in der IT arbeiten, kommt da niemand ran. Zumindest bis irgendwer den Hocker erfindet.
Die Fair Lady legt sogar etwas überpünktlich ab und erreicht Cuxhaven nach zweieinhalb Stunden. Bis dahin gönne ich mir die Riesen-Currywurst, die auf dem Schiff passenderweise „Lange Anna“ heißt. Anders als im Fahrplan angegeben, legt die Fair Lady in Cuxhaven nicht an der Alten Liebe sondern am Fährhafen an, wo wir auch losgefahren sind.
Der Weg ist etwas weiter und wir schaffen es gerade so. Am Bahnhof außer Puste zu sein, ist derzeit besonders blöd, weil man im Zug Maske tragen muss. Im Bahnhof eigentlich auch, aber wenn niemand in ihrer Nähe ist, halten sich Leute nicht daran.
Ich höre mir das 1Live-Hörspiel G.A.S. – Die Trilogie der Stadtwerke an. Dort geht es um ein städtisches Unternehmen, das zu einem Imperium gewachsen ist, und mit diversen Problemen kämpft, unter anderem dem „Neger-Problem“. Dieses besteht darin, dass sich für den zusammen mit Disney auf den Markt gebrachten Diener-Roboter, der sich vorwiegend in der Farbe schwarz verkauft hat, der Begriff Elektro-Neger etabliert hat, was der Firma ein Dorn im Auge ist und den sie aus der Umgangssprache zu tilgen versucht.
So, bevor ich noch mehr abschweife, verabschiede ich mich jetzt. Falls am Freitag die erste Veranstaltung des Nabu Verden im diesem Jahr, die Exkursion ins Odeweger Moor hier in Kirchlinteln, tatsächlich stattfindet, gibt es dazu natürlich einen Blodpost.