Corona Ich jetzt auch noch

Mal kurz was zur Coronakrise

geschrieben von Janni Mittwoch, 18. März 2020 um 22:01 Uhr

Ach ja, die Coronakrise. Um mich selbst mache ich mir keine Sorgen. Ich bin 30 Jahre alt, Nichtraucher, habe keine Krankheiten, bin seit fünf Monaten kerngesund und seit über zwei Jahren nicht arbeitsunfähig gewesen. Am ehesten mache ich mir Sorgen, meine Eltern anzustecken.

Aber von den Veränderungen in Deutschland und der Welt bekommt man ja trotzdem was mit. Und da dieses Blog primär für mich selbst ist, damit ich meine (Nicht-)Gedanken später nachvollziehen kann, möchte ich ein bisschen was schreiben.

Mit Stand heute gibt es im LK Verden 18 Fälle von Corona.

Einschränkungen

Die Einschränkungen beim täglichen Leben gehen immer weiter. Statt wie in den Jahren zuvor einer Armlänge Abstand fordert die Politik jetzt plötzlich zwei.

Dass man seine Großeltern nicht mehr besuchen sollte, finde ich hingegen zu undifferenziert: Man sollte seine Großeltern nur dann nicht besuchen, wenn man nicht bald was erben möchte. „Corona macht geschmacklos“, meinte mein Vorgesetzter heute – und mir war sofort klar: „Dann habe ich wohl Corona.“

Anders als die Tatsache, dass Frisöre zur Grundversorgung gehören und geöffnet bleiben, nimmt Twitter das Ausfallen der Bundesliga mit Humor. Aus dem Revierderby wird das Revirusderby: Haaland darf zwar wegen Social Distancing ungestört zum Tor spazieren. Für ein Doppelpack reicht es wegen der Hamsterkäufe aber nicht, weil rationiert wurde. Nach einem Handspiel muss der Videoassistent klären, ob der Ball desinfiziert werden muss. Nach 3 Minuten Inkubationszeit endet das Spiel unentschieden: Die Punkte werden geteilt, so wie es mit den Nudeln auch sein sollte.

Vor der Sportschau kommt das Sponsoring von Check24: „Der Ball rollt wieder“, heißt es, und man wünsche „eine unvergleichlich spannende Sportschau“. Ohne Sport; der unmittelbar zuvor gezeigte Film wird daher nach einem Bericht über Corona wiederholt. Ich schlage daher per Twitter vor, die Sportschau könne sich ja in Schau umbenennen. Die Sportschau twittert zurück, dass sie ihren Namen eigentlich gern behalten würde.

Der Ball rollt wieder. Video: Check24

Hamsterkäufe

Am Sonnabend war ich in den beiden Supermärkten in Kirchlinteln. Eigentlich möchte ich für die Firma ein Brot backen, für das uns ein slowenischer Lieferant eine Backmischung geschickt hat. Da fehlt aber Hefe, die ich – bis heute – nirgendwo auftreiben konnte. Es fehlen auch Backmischungen und fertiges Brot. Dafür gibt es Aufbackbrot und süße Brote in Hülle und Fülle. Ich kapiere das nicht.

Bis gestern sah es in diesem Edeka, über dessen Bau ich vor einigen Jahren ein knappes Jahr berichtet habe, sehr leer aus. An Produkten meine ich nicht, an Menschen. Besonders, weil Nudel- und Backregal einen Gang bilden. Heute gibt es wieder Klopapier (die Vorräte haben sogar den ganzen Tag über gehalten!), Seife, einige Backprodukte, Discount-Nudeln (Marken-Nudeln gab es gestern noch genug) und Discount-Toastbrot. Marken-Toastbrot gibt es nicht, dort hängt stattdessen ein Zettel: Weil das Mehl jetzt in den Haushalten liege, könne kein Brot gebacken werden. Dass Herr Harry in den Supermarkt geht um Mehl zu kaufen, glaube ich allerdings nicht. Sonst müsste er sich nämlich das Hamstern vorwerfen lassen.

Das Fernsehprogramm in Zeiten von Corona

Am Sonntag wurde beim ZDF heute journal Wolfgang Kubicki interviewt. Von der SPD sei er, wird eingeblendet. Beim ZDF arbeiten wohl auch nur noch die Azubis und Praktikanten.

Wolfgang Kubicki von der SPD. Bild: ZDF
Wolfgang Kubicki von der SPD. Bild: ZDF

Gestern lief The Masked Singer. Eine Live-Gesangsshow mit Klatschkonserve – und einem großen Teil Kandidaten, die nicht singen können. Ich spreche aus Erfahrung.

Während ich das hier schreibe, läuft auf SAT.1 gerade Big Brother, dessen Bewohner nicht wissen, dass es Corona gibt. Im Anschluss kommt das BILD Corona Spezial. Klingt wie ein Biermischgetränk, ist aber eine Sendung. Die Bundesministerin für Ernährung ist zu Gast. Ich hab den Ton ausgemacht, da ich weiß, dass man den Coronavirus nicht essen sollte. Anschließend hält Merkel ihre Silvesteransprache und in den Nachrichten spricht der bayerische Minsiterpräsident Söder zu seinem Volk – vor einem Stapel Klopapier stehend, auf den er nicht mal eingeht. Ein Stapel Klopapier ist die neue Rolex und das neue iPhone. Angenommen, der Politiker wäre vorbildlich wie von seiner Regierung gefordert zu Hause gewesen, hätte er dort unvorbildlich gehamstert. Ansonsten wäre er unvorbildlich sinnlos in der Öffentlichkeit rumgelaufen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist.

Markus Söder steht vor einem Stapel Klopapier. Bild: Sat.1
Markus Söder steht vor einem Stapel Klopapier. Bild: Sat.1

Das ist mir zu dekadent, ich schalte zum ZDF. Vielleicht findet Aktenzeichen XY ja diesen Corona, der jetzt schon 26 Tote gefordert hat, allein in Bayern und BaWü waren es gestern jeweils −1.


Mein Dank geht an alle Leute, die sich um die Versorgung der Bevölkerung kümmern. In meinem Fall sind das vor allem die Leute in den Supermärkten.


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