9-Euro-Ticket Pellworm und Büsum: Der 9-Euro-Sommer geht zuende

Das Wetter auf Pellworm ist noch unberechenbarer als auf Sylt. Und das Büsumer Hochhaus erstaunlich hässlich.

geschrieben von Janni Mittwoch, 24. August 2022 um 23:27 Uhr

Dieser Beitrag behandelt den 14. August 2022.


Heute steht der letzte Teil des des 9-Euro-Sommers an: Pellworm.

Die Fahrt dorthin ist problemlos. Der Bus R140 ist am Bahnhof Husum aber drei Minuten zu früh abgefahren. Dies ist einer der Busse, die nicht im SH-Ticket drin sind, aber im 9-Euro-Ticket, denn das gilt überall, wo ein Bus in öffentlichem Auftrag fährt.

Die Fähre nach Pellworm kostet hin und zurück zusammen 14 Euro. Sie legt etwa zweieinhalb Kilometer vom Ort (Tammensiel) entfernt am Tiewasseranleger an. Ein Elektrobus des Fährunternehmens bringt einen kostenlos zum Kurzentrum, wo auch die etwa 75-minütige Inselrundfahrt mit demselben Bus startet. Da die 12 Euro kostet, müssen da aber auch die aussteigen, die sie machen wollen. Ich mache mir meine Inselrundfahrt aber selber – mit dem Fahrrad. Der Fahrradverleih ist gleich nebenan.

Anders als die meisten anderen Fahrradverleihe hat Momme von Holdt keine relativ neue Einheitsflotte sondern ein wahllos zusammengewürfeltes Sortiment unterschiedlich alter Fahrräder. Ob er auch nur ein Fahrradmodell doppelt hat? Ich glaube nicht. Und das trotz riesigem Angebot (der ganze Garten steht voll), durch das Spontanbuchungen gar kein Problem sind. Ein Tag kostet 9 Euro. Wer nur für einen Tag da ist, sollte das sagen, da dann Papierkram abgekürzt wird.

Eine Frau kommt zurück und reklamiert ihr Rad. Die Gangschaltung funktioniere nicht. Sie hätte jetzt schon ganz fest gedrückt und es passiere einfach nichts. Sie zeigt auf die Beschriftung (Pfeil hoch, Pfeil runter). Und auf diese Pfeile der Beschriftung hat sie gedrückt. Ich muss laut lachen. Die Frau findet das nicht lustig. Der Fahrradverleiher erklärt ihr, dass sie den Griff drehen muss.

Austernfischer im Flug über das Meer vor Pellworm
Austernfischer im Flug

Als ich am Deich entlangfahre, huscht ein Tier in den nahen Bach. Für ein Kaninchen zu klein, für vieles andere zu groß. Auch die aquatische Lebensweise spricht für eine Nutria (Biberratte). Ich fahre zur Vogelkoje (ein Euphemismus für Stockenten-Falle), einem See im einzigen nennswerten Wald der Insel. Die Vogelkoje ist jedoch für den Seeadler zum Schutzgebiet erklärt worden und kann nicht betreten werden.

Nächster Halt ist das Momme-Nissen-Haus. Es ist ein aufgegebener Bauernhof, der 1978 zu einer katholischen Kapelle St. Petrus gewirdmet wurde. Sie finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Auffällig ist die Geschichte zur verheerenden Flut von 1634, die die 14 Kirchenfenster erzählen: Am 11./12. Oktober brach der Deich von Alt-Nordstrand an mehr als vierzig Stellen und 6.000 Menschen ertranken. Wo die Namensgeber der dabei untergegangenen Kirchen bekannt waren, wurden sie in sieben der Fensterbilder eingearbeitet. Eine detaillierte Erklärung liegt in der Kapelle aus.

Das Momme-Nissen-Haus auf Pellworm ist gleichzeitig die katholische Kapelle St. Petrus
Das Momme-Nissen-Haus auf Pellworm ist gleichzeitig die katholische Kapelle St. Petrus
In der katholischen St.-Petrus-Kapelle von Pellworm
In der katholischen Kapelle von Pellworm

Ich mache mich auf den Weg zur schwarzen Windmühle, der Nordermühle. An der Straße dorthin, dem Nordermitteldeich, stehen etliche kleine Häuser, die ich sehr schön finde. Hier ein Beispiel:

Ferienwohnung Nordermitteldeich 23 auf Pellworm
Ferienwohnung Nordermitteldeich 23 auf Pellworm

Die Windmühle ist heute eine Ferienwohnung und als solche buchbar. Vor der Windmühle steht eine „Post- und Brötchen-Box“. Sehr dekadent.

Weiter geht es dann zu dem Wahrzeichen Pellworms, der Alten Kirche. Ehrlich gesagt trägt der triste Himmel recht gut zur Atmosphäre bei.

Alte Kirche auf Pellworm
Alte Kirche auf Pellworm
Spitze des Alten Kirchturms auf Pellworm
Spitze des Alten Kirchturms auf Pellworm

Der um 1200 errichtete Kirchturm ist mit 26 Metern heute noch etwa halb so hoch wie früher. Wegen Gefahr von Steinschlag ist der Bereich um ihn eingezäunt. Man glaubt es zwar von weitem nicht, aber die Alte Kirche wird tatsächlich als Kirche genutzt, wobei das Kirchenschiff, das heute nicht mehr mit dem Turm verbunden ist, gut erhalten ist.

In der Alten Kirche von Pellworm
In der Alten Kirche von Pellworm

Ich bekomme Panik, den Bus (um 17:15 – das ist in 40 Minuten) zur letzten Fähre nicht zu kriegen, auch wegen des sehr starken Gegenwindes. Dadurch fällt der Leuchtturm und die Neue Kirche, die sogar auf meinem Weg liegt, leider aus. Letztendlich komme ich aber 13 Minuten vor Abfahrt des Busses zum Tierwasserhafen beim Fahrradverleih an, der direkt neben der Bushaltestelle ist.

In Nordstrand am Anleger erzählt uns der Busfahrer vorm Bus, dass er schon den ganzen Tag mit kaputter Klimaanlage fährt. Dann wird es philosophisch und er fragt, warum Leute in den Urlaub fliegen, während ihre Kinder demonstrieren. (Dürfte daran liegen, dass es gegenüber Ländern wie Indien oder China eigentlich keinen Unterschied machen, was wir machen.)

Von Husum fahre ich nach Heide und von dort weiter nach Büsum. Es geht nicht so richtig in meine Birne, dass Husum und Büsum doch recht weiter auseinanderliegen. Niebüll und Klanxbüll liegen nebeneinander und Morsum und Keitum auch.

Mein Aufenthalt in Büsum beträgt nur gut eine Stunde. Der Zug von Heide nach Büsum ist in der App mit einem roten Hinweis auf hohe Auslastung versehen. Die Nordbahn hat zudem zusätzliche Busse bestellt. Im Zug sitzen vier Leute, bei einem Bedarfshalt unterwegs steigt ein fünfter Fahrgast zu.

Leute im Watt-Schlick vor Büsum beobachten den Sonnenuntergang
Leute im Watt-Schlick vor Büsum beobachten den Sonnenuntergang

Rechts vom Bildausschnitt steht übrigens ein unfassbar hässliches Hochhaus von 85 Metern Höhe. Das 1972 errichtete 22-stöckige Gebäude hat keinen Namen und beherbergt 196 Eigentumswohnungen. Es ist das höchste Gebäude an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, um ein Vielfaches höher als der Leuchtturm. Und um ein Vielfaches hässlicher.

Der Leuchtturm, wegen dem ich eigentlich hier bin und der sich beim Bild oben etwa 50 Meter hinter mir befindet, ist hingegen sehr langweilig. Er wird auch nicht beleuchtet. Beleuchtet wird nur das Lighthouse Hotel, das sich aber nicht im Leuchtturm befindet sondern daneben an der Strandpromenade.

Lighthouse Hotel in Büsum
Lighthouse Hotel

Das Bild vom Watt war den Abstecher nach Büsum auf jeden Fall wert – und dass ich erst um 1:52 in Rotenburg sein werden und damit erst um 2:20 im Bett. Aber da der Metronom zuverlässig unzuverlässig ist, fährt der vorherige Takt mit so großer Verspätung, dass ich ihn locker noch bekomme und daher 40 Minuten früher zu Hause bin.

Das war es dann für den 9-Euro-Sommer im eigentlichen Sinne. Am Ende des Monats kommt noch ein Bericht zur Gamescom, wo aber nur die Rückfahrt mit dem Ticket ist. Da kommt dann auch die Ersparnis als Zusammenfassung. Eventuell fahre ich aber in der Woche abends mal nach Hamburg, Bremen und/oder Hannover.


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