Südafrika III Tag 21: Kapstadt, Kirstenbosch National Botanical Garden, Kapstadt – Nebulös

Bis auf Pflanzen ist heute vieles nebulös.

geschrieben von Janni Montag, 2. Weihnachtstag 2022 um 23:05 Uhr

Über die letzten Tage habe ich mir viele Gedanken gemacht. Eigentlich wollte ich übermorgen mit der Wine Tram fahren und danach zum Aquila Game Reserve zur Safari. Das kommt aber nicht zustande, da außer mir keiner angemeldet ist. Schade. Letzten Sonnabend hat es geklappt, meinte unser Guide gestern – denn er hat die Tour gemacht. Alternativ wollte ich nach Kap Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas, aber da soll morgen ganz schlechtes Wetter sein.

Also kaufe ich mir ein 3-Tages-Ticket für den Hop-On-Hop-Off-Bus. In den knapp 25 Euro sind noch zwei halbstündige Bootstouren und eine Fahrt mit dem Sonnenuntergangs-Bus zum Signalhügel enthalten.

Mein erster Halt ist in Kirstenbosch beim Nationalen Botanischen Garten von Südafrika. Ich bin verwirrt: Es gibt keine Tickets, der Kartenzahlbeleg ist das Ticket. Eine Karte (englisch, deutsch, Afrikaans, französisch) muss man für 10 ZAR extra kaufen.

Es ist kurz nach 10, die erste geführte Tour des Tages war um 10, die nächste ist dann um 11 (und um 14 ist noch eine). Dann kann ich mich jetzt 50 Minuten umschauen.

Der 1913 gegründete botanische Garten war mal eine Farm, bevor diese von Cecil Rhodes gekauft und dann zum botanischen Garten umgebaut wurde. Der Standort ist besonders, denn hier regnet es so viel wie sonst nirgendwo auf der Kaphalbinsel – so viel wie in London. Da kann ich ja froh sein, dass es heute trocken ist!

Kampferallee im Kirstenbosch National Botanical Garden
Kampferallee im Kirstenbosch National Botanical Garden
Agapanthus, hier „Christmas Flower“ genannt, ist derzeit die häufigste blühende Pflanze im Botanischen Garten Kirstenbosch. Es gibt sie hier in blau und weiß.
Agapanthus, hier „Christmas Flower“ genannt, ist derzeit die häufigste blühende Pflanze im Botanischen Garten Kirstenbosch. Es gibt sie hier in blau und weiß.

Anschließend laufe ich noch in den südlichen Teil, der frei zugänglich und bei Hundebesitzern beliebt ist, aber außer einer Silberbaum-Allee („wächst nur da, wo er den Tafelberg sehen kann“ sagt man hier über ihn) nicht wirklich etwas Interessantes zu bieten hat. Von dort kommt man ohne Ticketkontrolle wieder in den botanischen Garten. Jetzt aber ab zur Tour. Sie wird von einer pensionierten Freiwilligen, Lynne, geleitet.

Steingarten: In der Mitte Wolfsmilch (die „Kakteen“, giftig und von den Ureinwohnern für Giftpfeile verwendet) und rechts Aloe ferox)
Steingarten: In der Mitte Wolfsmilch (die „Kakteen“, giftig und von den Ureinwohnern für Giftpfeile verwendet) und rechts Aloe ferox)

Vom Steingarten gehen wir durch einen kleinen Wald. Dieser ist heute wohl einer der kältesten Orte in Kapstadt. Die Führerin erzählt, woher die Pflanzen kommen. Da Geld schon immer knapp waren, wurden den Einwohner Südafrikas gebeten, Pflanzen zu spenden, wenn sie welche im Vorgarten haben, sie sie schön finden und die sie gerne im Nationalen Botanischen Garten sehen würden.

Geld war aber immerhin da, um zum 100. Jubiläum des Gartens einen Baumwipfelpfad einzurichten.

Baumwipfelpfad im Botanischen Garten Kirstenbosch, links der Devil’s Peak
Baumwipfelpfad im Botanischen Garten Kirstenbosch, links der Devil’s Peak

Der Devil’s Peak ist in Wolken gehüllt. Der Volksmund erklärt das so: Es war einmal ein Pirat mit dem Namen van Hunks. Der wurde von einem Unbekannten zum Wettbewerb herausgefordert, wer mehr raucht. Van Hunks gewann. Dadurch musste der Unbekannte seinen Namen nennen – es war der Teufel. Aber van Hunks hatte so viel geraucht, dass der Berg noch heute oft von Wolken umhüllt ist.

Kapfrankolin
Kapfrankolin
Afrikanische Striemen-Grasmaus klettert in einer Protea
Afrikanische Striemen-Grasmaus klettert in einer Protea
Schwefelgirlitz frisst einen Protea-Samen
Schwefelgirlitz frisst einen Protea-Samen

Der Weg führt auch zu den Brotpalmfarnen, hier Cycads genannt. Ich verstehe immer nur ‚Psycats‘ („Psychokatzen“). Hier steht eine der letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn). In freier Wildbahn ist die Pflanze ausgestorben. In einigen botanischen Gärten stehen noch welche – alles Männchen. Sie produzieren Ableger. Diese hier hat 9 produziert – auch alles Männchen.

Eine der weltweit letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn)
Eine der weltweit letzten Encephalartos woodii (engl. Wood’s Cycad; dt. etwa Woods Brotpalmfarn)

Unsere Tour geht noch an einem kleinen Bachlauf, der im Schatten den Garten durchquert, vorbei und dann zum Kapkastanien, der gerade schön blüht.

Kapkastanie blüht
Kapkastanie blüht

Nach Ende der Tour besuche ich noch das Restaurant Moyo im botanischen Garten. Endlich habe ich mal die Möglichkeit, ein Bobotie zu bestellen, das ist Hack mit Rührei überbacken. Dann geht es noch durch den Duftpflanzengarten, der mir sehr gut gefällt, und den Nutzpflanzengarten, bevor ich den Garten verlasse, um mit der Blauen Route (die trotzdem durch rote Busse bedient wird) zurück zum Stadtzentrum zu fahren – einmal komplett außen herum, da die Busse nur im Uhrzeigersinn fahren.

Inoffizielle Blechhüttensiedlung Imizamo Yethu bei Kapstadt
Inoffizielle Blechhütten in Imizamo Yethu. 30.000 Leute sollen hier wohnen. „Wer hier lebt, kämpft mit [...] Stromausfällen“, weiß der Audiokommentar. Also dasselbe wie auch überall sonst im Land.

Durch Busverspätungen bin ich eine ganze Ecke später an der zentralen Haltestelle (Long St), wo der letzte Stadtrundgang des Hop-On-Hop-Off-Unternehemens (das organisiert diese für jeden kostenlosen Stadtrundgänge) laut Prospekt um 15 Uhr gestartet sein soll. Es ist jetzt zwanzig vor 15. Der Prospekt nennt Zwischenhalte des Stadtrundgangs mit Zeiten, aber am District-Six-Museum, wo die Tour um fünf vor 16 sein sollte, finde ich niemanden. Ich gehe dann zurück zur zentralen Bushaltestelle. Dort steht auf einem Schild, dass der Stadtrundgang nur um 10, 12 und 14 stattfindet. Dann kann ich den 15-Uhr-Stadtrundgang ja lange suchen. Während der allgemeine Stadtrundgang nur halb so oft stattfindet wie im Prospekt angegeben (volle Stunden 10 bis 15), findet der Bo-Kaap-Rundgang häufiger und zu anderen Zeiten statt (10 und 14 Uhr, laut Auskunft teilweise auch 12 Uhr), als im Internet steht (12 Uhr).

Ich fahre mit der Roten Linie zum Tafelberg. Der ist aber wolkenverhangen. Die Website spricht von „Zero Visibility“. Klingt wie ein zuckerfreies Erfrischungsgetränk, bedeutet aber Sichtweite 0. Na toll, da hätte ich auch noch länger im Botanischen Garten bleiben können. Heute Abend wäre dort sogar Kino gewesen und den Film fand ich interessant. Wobei ich im Nachhinein vermute, dass der Eintritt fürs Kino unabhängig vom Garten ist.

Kapstadt City Bowl liegt unter tief hängenden Wolken
Kapstadt City Bowl liegt unter tief hängenden Wolken

Also fahre ich noch ein bisschen mit dem Bus bis zur zentralen Haltestelle, die nahe bei meinem Hotel liegt. Ab und zu kommt die Sonne zwar raus, aber es zieht sich immer weiter zu. Okay, dann die beiden Bootstickets und das Sonnenuntergangsticket lieber morgen nutzen. Übrigens: Die Bootstickets des Drei-Tage-Tickets sind vier Tage gültig (aber halt jeweils nur einmal, bzw. die Kanalrundfahrt ist an einem Tag beliebig oft möglich, da sie ein Transportmittel ist, für die das Ticket ein Tagesticket darstellt).


So gegen 18 Uhr bin ich wieder im Hotel. Im Zimmer nebenan streiten sich Leute laut und heftig. Das war gestern auch schon so, aber nur für eine Stunde. Als die sich um 23 immer noch anschreien, rufe ich bei der Rezeption an. Funktioniert nicht, ich bleibe in einer Warteschleife längen. Also gehe ich dorthin.

Ein Angestellter des Hotels kommt mit mir. Als wir gerade ankommen, kommt ein Mann aus dem Zimmer, in dem sich noch mindestens zwei Frauen befinden. Die Hautfarbe des Personen möchte (und muss) ich hier nicht erwähnen. „Wir waren uns uneinig“, sagt der Mann. Der Hotelmitarbeiter bittet um Ruhe.

Es wird nur wenige Minuten besser. Da jetzt zusätzlich noch die Tür so blockiert wurde, dass sie nicht zugeht, ist das Gekeife im ganzen Flur zu hören. Den Geräuschen zufolge herrscht rege Migration zwischen den umliegenden Zimmern. Ich gehe wieder zur Rezeption. Diesmal kann der Angestellte das Problem nicht direkt beobachten, er ermahnt die Leute aber nochmal.

Es wird nicht besser. Ich gebe es auf, stecke meine Ohrstöpsel rein und versuche zu schlafen. Es ist jetzt zwanzig nach 0.


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