Indonesien Tag 17: Gili Terawangan, Bangsal, Pemenang Barat, Senggigi – Waldgeschichten

Auf Tuchfühlung mit der lokalen Bevölkerung – mal mehr, mal weniger freiwillig

geschrieben von Janni Sonnabend, 18. Juni 2022 um 07:31 Uhr

Kein Stau, kein Glatteis und die Pferdewagen waren früh genug da – kein Wunder, dass wir deutlich zu früh am Hafen sind. Ich kann mein vorgestern gebuchtes Boot umbuchen und früher fahren. Noch kurz von den anderen Verabschieden, aber das klappt nicht, da ich dabei zweimal vom selben Herumtreiber unterbrochen werde, der mich anquatscht, während ich mich verabschieden möchte. Ich werde laut und sehe mich gezwungen, den Neologismus Unterstmensch einzuführen, da ich dieses Individuum und sein Verhalten einfach nicht mehr mit Untermensch abgedeckt sehe. Einige in der Gruppe finden das überzogen. Aber hey, seht’s mal so, immerhin habe ich das Wort „Mensch“ verwendet!

Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich meinen ganzen Urlaub nichts bei Leuten gekauft habe, die mich angequatscht haben. Egal wo auf der Welt ihr seid – macht mit. Erziehung für ein ruhigeres Urlauben weltweit. Außerdem finde ich es rassistisch, dass die nur Weiße aber keine Einheimischen belästigen.

Während ich in Bangsal (Lombok) auf meine Abholung warte, werde ich ebenfalls ständig von irgendwelchen Leuten angequatscht. Es ist extremst anstrengend und belastend, Tourist in Indonesien zu sein. Inzwischen habe ich Idee für das Problem: Ich trage einfach Kopfhörer, mache sehr laut Musik an und schon muss ich mich nicht mehr ärgern. Und es gibt dann halt doch auch Leute, die einem helfen wollen...

Kindergarten

In Indonesien gibt es eine verpflichtende Vorschule (engl. Kindergarten). Der Abschluss dort wird groß gefeiert. Mein heutiger Führer ist deshalb bis 12 Uhr verhindert. Das ist kein Problem für mich. Für die Tour zusammen mit Mittagessen und dem Transport von Bangsal nach Senggigi zahle ich etwa 50 Euro.

Neben dem Führer gibt es noch seinen Vorgesetzten, Omjay (kurz Jay), der mich vom Hafen in Bangsal mit seinem Roller abholt. Wie wir zwei und mein Koffer da drauf passen, frage ich. Das sei kein Problem.

Wir warten in einem Warung. Warung ist der indonesische Begriff für ein kleines Geschäft, entweder ein Kiosk oder ein Restaurant (Imbiss mit Sitzmöglichkeit), jeweils an den Bedürfnissen der Einheimischen orientiert. Die Warungs kann man problemlos als Tourist besuchen, was wir in Candi Dasa gemacht haben.

Ich darf auch mal rüber auf die Feier. Mein Führer und seine Frau haben aus blauem und hellblauem Krepppapier, Schokoriegeln und kleinen Tüten mit Chips einen Fächer gebastelt, den ihr Sohn bekommt. Die drei machen ein Foto mit mir. Auch eine andere Mutter macht (nachdem sie gefragt hat) ein Foto ihrer Tochter mit mir.


Wir fahren einige hundert Meter zu Jays Haus und lassen meine Sachen dort. Dann geht es zu Fuß nach wenigen zehn Metern auf der Straße in den Wald.

Dort zeigen sie mir diverse Pflanzen. Wir probieren eine Wasserjambose. Die Frucht schmeckt etwas wie Apfel, hat aber weniger Geschmack. Für mein Knie haben sie auch was, nämlich antibiotische Blätter.

Junges Balirind im Wald
Junges Balirind im Wald – die werden übrigens nur für Fleisch gehalten; Milchwirtschaft scheint hier unbekannt zu sein [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 75mm F5, 1/80 s (EV−0,7), ISO 500]

Dann fängt es an zu regnen. Klassischer Regenwald eben. Zunächst nur ein bisschen. Dagegen haben sie hier im Wald natürlich auch was: Das Riesen-Elefantenohr (lokal Talas Padang genannt) ist sehr groß. Und als selbst das nicht mehr hilft, weiß der Führer auch einen nahen Ort, an dem Hütten im Wald stehen.

In den Hütten (im Prinzip sind sie nur Überdachungen) wird Palmzucker (hier als Brauner Zucker bezeichnet) hergestellt. Dazu wird ein Blütenstand abgeschnitten und ein Kanister befestigt. Bei jungen Bäumen kann das auch zweimal gemacht werden. In den Kanister laufen dann etwa 5 Liter einer Flüssigkeit. In einigen Ländern wird statt den Kanistern eine Bambusleitung verwendet. Die steht zwar hier auch am Baum, ist aber als Kletterhilfe beim täglichen Ernten gedacht. Was nach der Ernte mit der Flüssigkeit gemacht wird, dazu gleich mehr.

Gewinnung der Flüssigkeit zur Herstellung von Palmzucker auf Lombok
Flüssigkeit zur Herstellung von Palmzucker wird gewonnen [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 59mm F5, 1/80 s (EV−1,3), ISO 100]

Nachdem der Regen aufgehört hat, überqueren wir den nahen Fluss und gehen weiter durch den Wald, bis wir wieder einen Fluss überqueren müssen. Uns kommen zwei jugendliche Mädels entgegen. Eine davon trägt ein Gewehr. Damit vertreiben sie die Affen von den Plantagen, meint der Führer. Erschießen tun sie die Affen nicht.

Wir dürfen im Wald unsere Namen nicht rufen, meint der Führer. Das erwecke die Geister. Geister wohnen beispielsweise in Banyan-Feigen.

Dann fängt es wieder an zu regnen. Also wieder zur nächsten Überdachung. Die gehört einem Sasak-Paar aus dem Ort, das den Wald von den Behörden kostenlos überlassen bekommen hat. Sie dürfen da anbauen, was sie wollen, meint der Guide. Außer Marihuana, fügt er hinzu. Sie machen das, um ihren Töchtern die Ausbildung zur Krankenschwester zu finanzieren.

Hütte im Wald
Hütte im Wald [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 28mm F2,8, 1/60 s (EV0,3), ISO 800, HDR Auto]

Das Paar ist bereits mit der Essensvorbereitung beschäftigt, denn hier werden wir heute essen. Derzeit stellt die Frau aber noch Palmzucker und Kaffee her.

Palmzuckerherstellung (links) und Kaffeeröstung auf Lombok
Palmzuckerherstellung (links) und Kaffeeröstung [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 42mm F5, 1/15 s (EV0,3), ISO 1600]

Mit dem Mittagessen dauert also noch etwas. Bis dahin gibt es Sticky Rice („klebriger Reis“). Das macht man, indem man gekochten Reis, Kokosflocken, Ingwer, Chili und Salz in ein Bananenblatt rollt und das dann ins Feuer legt oder grillt.

Sticky Rice
Sticky Rice [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 42mm F2,8, 1/50 s (EV0,3), ISO 1600]

Palmzucker wird je nach Menge etwa 4 Stunden gekocht. Wenn nur noch wenig Wasser da ist, werden Kokosrapseln hinzugefügt – nur ein paar Raspeln reichen für den großen Topf auf dem Bild oben, damit der Schaum fast verschwindet. Wenn ein zähflüssige Konsistenz erreicht ist, wird die Flüssigkeit in einen Becher aus Bambus gefüllt. Reste werden als Toffees sofort gegessen. Nach einigen Minuten abkühlen, wird der Becher umgedreht und die Palmzucker-Wurst kommt raus, die für 1×104 Rupiah pro Stück verkauft wird.

Fertiger Palmzucker (mittig) und Bambusbecher
Fertiger Palmzucker (mittig) und Bambusbecher [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 55mm F2,8, 1/60 s (EV0,3), ISO 2000]

Dann geht’s an die Zubereitung des Mittagessens – Papaya-Curry. Dafür braucht man zunächst einmal eine (nicht voll ausgereifte) Papaya. Also welche vom Baum holen. Dafür haben sie meterlange Bambusstäbe mit Messern dran. Die Papaya wird dann geschält und in Plättchen geschnitten. Außerdem brauchen wir noch Kokosmilch, die wir selbst herstellen (wobei die Kokosnüsse hier nicht selbst angebaut werden) und Farn. Die Gewürzmischung wird aus einem Fischsoßen-Brühwürfel, Knoblauch, rote Zwiebel, große Chili (nicht scharf), kleine Chili (scharf), Salz, Ingwer und etwas Palmzucker.

Indonesisches Papaya-Farn-Curry
Essen ist fertig! [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 60mm F2,8, 1/60 s (EV0,7), ISO 400, HDR Auto]

Gegessen wird das dann mit Reis, Nudeln und Tofu als Beilage. Es schmeckt sehr gut.

Mein Führer zeigt mir Bilder. Vor der Pandemie war er mal mit einer 18er-Gruppe unterwegs. Ich bin jetzt sein vierter Gast nach Corona.

Im Regenwald von Lombok
Im Regenwald [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 29mm F2,8, 1/60 s (EV−0,7), ISO 100]
Riesenelefantenohr als Regenschutz
Ich mit Riesen-Elefantenohr

Als es kurz mal nicht mehr so stark regnet, versuchen wir zur Straße zu kommen. Wir bekommen noch ein deutlich größeres Elefantenohr mit auf den Weg. Sicher ist sicher.

Wir brauchen es auch, denn es fängt wieder an zu regnen. Als wir die Straße erreicht haben, suchen wir Schutz in einem aufgegebenen Warung. Der Führer sieht in der Ferne, dass ein Engkel (auch Bemo genannt) vorbeikommt, was er auf Englisch als Public Car bezeichnet. Hierbei handelt es sich um Fahrzeug von der Größe eines VW-Bus, in dessen hinteren Raum in der hinteren Hälfte kleine Sitzbänke montiert sind. Die vordere Hälfte ist mit Zeug vollgestellt. Ein- und Aussteigen geht überall an der Strecke. Die sehr kurze Fahrt kostet unsere Dreiergruppe 3×104 Rupiah (2 Euro). Das finde ich teuer.

Als es aufgehört hat zu regnen, bringt mich Jay mit seinem Roller zum Hotel. Die Fahrt dauert gut 30 Minuten.

Das von mir gebuchte Zimmer gefällt mir nicht. Ich lege nochmal den gleichen Betrag drauf und bekomme ein Bungalow am Pool. Ergibt dann einen Preis von etwa 16 Euro pro Nacht mit Frühstück. Im Pool findet gerade Tauchtraining statt. Ich bestelle mir als Abendessen eine Pizza im Hotel. Neben mir scheint nur ein weiteres Bungalow bewohnt zu sein, und zwar von einem Pärchen aus Bremen. Die haben gerade ihr Studium fertig und sind jetzt auf den Kleinen Sundainseln unterwegs, bereits seit Anfang Mai. Mitte Juli wollen sie zurück. Daher müssen sie zwischendurch mal kurz eine Nacht nach Singapur, da sie sich nicht länger als 60 Tage ununterbrochen in Indonesien aufhalten dürfen. Ich spreche mit ihnen über ihre und meine Reise. Sie sagen, dass sie das gleiche Pech am Batur hatten wie ich.


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