Costa Rica Tag 10: Kaffee-Finca Familie Bello – Hoch die Tassen, weg die Gläser!

Scherben bringen ... Glück, Schnaps oder die Rechnung? Kommt ganz drauf an...

geschrieben von Janni Sonntag, Silvester 2023 um 20:05 Uhr

Heute besuchen wir die Kaffee-Finca der Familie Bello. Allerdings hat Studiosus den frühesten Termin schon in Beschlag genommen. Daher müssen wir „leider“ später los. Heißt: 8:40. Nach der langen Zimmerparty bei mir und einer Verlängerung auf der Terrasse der 200er eine gute Idee.

Bei der Abfahrt gibt es Ärger: Während des Frühstücks haben sie offenbar unsere Zimmer überprüft und haben festgestellt, dass in zwei Zimmern jeweils beide Gläser fehlen. Es stellt sich heraus, dass zwei Gläser in einem anderen Zimmer sind und die anderen beiden schlicht im Badezimmer. Aber wir erklärt man das auf Spanisch? Ein anderer aus der Gruppe sagt, sie wären auf dem „Waschbecko“. Die Gruppe lacht.

Ein weiteres Glas ist zerbrochen. Dafür werden 3,41 Dollar fällig. Oder 1,9×103 Colones. Der Beschuldigte gibt der Hotelangestellten die 2×103 mit den Worten „Stimmt so“.


Auf dem Weg zur Kaffeefinca halten wir noch beim Büro von Selvatura in Santa Elena-Dorf. Dort befindet sich nämlich meine Sonnenbrille, die ich gestern dort vergessen habe. Na dann hat sich das ja geklärt.

Und noch ein Halt steht an, nämlich hier: 10;339691°N, 84,899474°W. Warum? Damit wir sehen, warum das hier Monteverde heißt, vermutlich:

Landschaft bei Santa Elena (Monteverde)
Landschaft bei Santa Elena (Monteverde)

Auf der Kaffefinca (10,353465°N, 84,904154°W) erwarten uns Adolfo und sein 94-jähriger Vater Adolfo. Beide Adolfos haben eine Frau namens Isabel und gleich viele Söhne und Töchter unter ihren jeweils 5 Kindern. Zufälle gibt’s! Adolfo Sr.s Vater kam von den Kanaren hierher, weil ihn eine Bank im Zuge des Goldrausches hierhin geschickt hatte. Schon bald entschied er sich jedoch selbst zu schürfen. Da es damals noch kein Grundbuch gab, hat er 400 ha Land in Beschlag genommen, da er zu gleichen Teilen an seine 10 Kinder vererbt hat. Adolfo Sr. erhielt also 40 ha, von denen er auf 1 ha Bio- und 2,5 ha konventionell Kaffee anbaut. Außerdem baut er Obst und Gemüse an und hält 18 Kühe, die hier frei herumrennen und von denen er 3 melkt.

Haselwurz („Schampoo-Ingwer“)
Haselwurz („Schampoo-Ingwer“)

Bevor die Tour losgeht, noch kurz auf Toilette. Die befindet sich in einem ehemaigen Kuhstall. Da der nicht so hoch ist, stoße ich gegen die Kompaktleuchtstofflampe, die in einer Fassung fest in der Decke steckt und daher zerbricht...


Jetzt aber los zur Kaffeefinca-Tour. Zunächst einmal muss Adolfo Jr., der die Tour durchführt, die Machete schärfen.

Machete schärfen
Machete schärfen

Die Machete ist das wichtigste Werkzeug des Bauern hier. Damit tötet Adolfo unter anderem jede Giftschlange, aber mit der flachen Seite, da das Abhacken des Kopfes zu Reflexen führen kann.

Adolfo muss nur wenig einkaufen, vor allem Reis, Seife, Öl und Kleidung. In einer Krise könnten sie sich selbst versorgen.

Der Bio-Bereich ist „Kontrollierte Unordnung“, sagt Adolfo. Das sei hier am besten, denn so könnten sich die Pflanzen gegenseitig helfen. Bis auf den Bereich, wo Kaffee wächst, sieht es wirklich nicht nach Feld sondern eher nach Weg aus, aber die meisten Pflanzen am Wegesrand sind Nutzpflanzen.

Kaffee, der in den 1770ern hierher kam, wird nur im Hochland angebaut. Arabica ist staatlich vorgeschrieben. Kaffee ist hier hohes Kulturgut. Schon Babys kriegen Kaffee nach der Muttermilch.

Adolfo Bello Jr.
Adolfo Bello Jr.

Adolfo ist als einziges der Geschwister hier geblieben, die anderen sind Guides geworden. Seine Frau und Kinder helfen aber.

Kaffee
Kaffee

Bald, Ende Dezember bis Anfang Januar, ist die Haupt-Kaffeeernte. Sie fragen dann ihre Nachbarn, das sind Nicaraguer. Den Zeitpunkt der Ernte kann man ein bisschen steuern, indem man variiert, wie viel Sonne die Pflanzen kriegen. Kaffee wird aber sowieso sehr ungleichmäßig reif, da bereits die Blüten einer Pflanze sehr uneinheitlich blühen. Bei Sonne gehen sie alle 1 bis 2 Wochen durch die Felder, im Regen jede Woche, denn da platzen sie schneller. Ich würde mal Osmose tippen.

Kaffee-Box
Kaffee-Box

Kaffee wird geerntet und kommt dann in eine genormte Box, die 13,2 Kilogramm fasst. Dafür gibt es 2 Dollar. Das Sammeln jetzt dauert anderthalb Stunden, erfahrerene Bauern schaffen in der Haupterntezeit eine Box in 35 Minuten. Kein Wunder, dass Adolfo heute fast nur noch vom Tourismus lebt, und zwar exklusiv für die Amedeus Travel Agency, die ihm 2.500 pro Jahr hierher schickt, teils vier Gruppen am Tag.

Reife, ungeschälte Kaffeebohnen
Reife, ungeschälte Kaffeebohnen

Die Pflanzen werden 8 Monate vorgezogen und kommen dann ins Freiland. Nach 3 Jahren hat man die erste Ernte. Das Feld hält 60 bis 100 Jahre bei Bio, konventionell aber nur 20 bis 25 Jahre. „Such dir die Samen aus wie deine Ehefrau“, sagt Adolfo. Eine wichtige Regel. Eine weitere: Keine Schimpfwörter im Feld. Was für’n Scheiß!

Kaffeefeld
Kaffeefeld

Die Pflanzen werden in Paaren 2×1 Meter Abstand gepflanzt. Warum Paare von zwei Pflanzen ohne Abstand direkt nebeneinander? Falls eine Pflanze eingeht, hat man noch eine als Ersatz. Und falls keine eingeht, stören sie die beiden Pflanzen auch nicht übermäßig. Gedüngt wird zweimal im Jahr mit einem Kilogramm von einem Dünger, den ein Wurm aus Schälabfall des Kaffee herstellt.

Nach der Ernte kommen die Bohnen ins Wasserbad. Was schwimmt, ist schlecht. Dann wird geschält, fermentiert und dann getrocknet. Dann werden die bohnen gesiebt nach Gewicht. Nur 30% sind Exportqualität. Am Ende bleiben von 13,2 kg noch 2,3 übrig. Einen Kaffeesack, der 46 Kilo fasst, ergeben also etwa 20 Boxen. Man bekommt 220 Dollar pro Sack für konventionellen und 360 für Bio. Das Rösten erfolgt erst später. Pro Hektar und Jahr kommen so etwa 15 Säcke bei Bio und 40 bis 50 bei konventionellem Anbau zusammen. Die wenigen Bauern mit Bio machen das daher auch eher aus Überzeugung. Daher gibt’s auch diese Raupe hier:

Raupe
Raupe

Zu den anderen interessanten Nutzpflanzen gehört der vorhin schon gezeigte Schampoo-Ingwer. Man braucht auch kein Wasser, denn das kommt mit raus aus der reifen Blüte. Und zwar nicht zu knapp.

Dann gibt es noch den Lippenstiftbaum. Die Samen in seiner Frucht verleihen ein intensives Rot, wenn man sie auf die Haut aufträgt. Bei unserem Guide sieht es gut aus, bei mir eher nicht so. Aber mein Glück: Keine Schimpfwörter im Kaffeefeld!

Frucht des Lippenstiftbaums (Annattostrauch)
Frucht des Lippenstiftbaums (Annattostrauch) – die Farbe ist allerdings orangelicher als die eher rosafarbene Frucht auf dem Bild

So langsam verlassen wir aber das Feld und erreichen des Haus der Bellos. In der Nähe befindet sich noch eine Gästeunterkunft, die neu errichtet wurde. Sie kostet nicht viel, aber man muss erstmal herkommen. Vorher gibt es noch etwas Zuckerrohr.

Haus der Familie Bello – man beachte das LED-Rentier
Haus der Familie Bello – man beachte das LED-Rentier

Und das Zuckerrohr gibt es nicht ohne Grund, denn bevor es gleich Mittagessen gibt, müssen zwei von uns wie einst Ochsen eine Zuckerrohrpresse bedienen.

Das Mittagessen im Anschluss ist nichts großes, aber lecker: Bananen mit (viel zu viel) saurer Sahne, Tacos, Kuchen und – natürlich – Kaffee (Bio). Den Kaffee kann man dann auch kaufen. Ob er von genau dieser Finca kommt oder nicht, kann man nicht mehr sagen, da in der Fabrik die Bohnen der 8 (Bio) bzw. 360 (konventionell) Bauern zusammen gemahlen werden.

Mittagessen auf der Kaffeefinca Bello
Mittagessen auf der Kaffeefinca Bello

Für die beste Frage gibt’s einen Schnaps. Für mich auch, weil ich die Lampe zerstört habe. Seht ihr: Im Hotel gab’s für die Scherben die Rechnung, hier gibt’s ’nen Schnaps. In der Zwischenzeit hat Adolfo Sr. die Lampe getauscht. Sie ist jetzt LED, erzählt man mir.

Carreta, der für Costa Rica typische Ochsenkarren
Carreta, der für Costa Rica typische Ochsenkarren

Auf dem Weg zur nächsten Unterkunft und dort selbst passiert nicht mehr viel. Es handelt sich um die Hacienda Guachipelín, ein ziemlich nobles Ding. Wir haben Halbpension und die ist hier für costaricanische Verhältnisse sehr gut. Allgemein sind die enthaltenen Mahlzeiten auf dieser Reise das absolute Chaos.


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