Sri Lanka Vormittag 5: Mihintale – Aus dem Leben eines Mönchs
Ein neuer Schwip-Schwap-Fan in Sri Lanka?
5:30 wäre Abfahrt nach Mihintale, aber da gibt es ein Gewitter. Als die Sprachnachricht von Richard kommt, ist mir das fast schon klar, aber in meinem Zimmer ist meistens nur EDGE, das reicht nicht für das Audio. Also erstmal anziehen, zur Rezeptions und da dann die Info: 7:30 Frühstück, Abfahrt 8:00.
Also nochmal kurz ins Bettchen.
Dann geht es aber wirklich los. In Mihintale müssen 1800 Stufen rauf. Das klingt viel, aber die Stufen sind jeweils nur wenige Zentimeter hoch. Das erste Dritte kann man zur Not auf mit dem Bus fahren. Viel zu gehen gibt es auch nicht.
Ursprünglich war Mihintale ein Jagdgebiet. Als der König einmal einen (Axis-)Hirsch jagte, traf er an der Spitze des Hügels auf einen Mönch. Der sprach ihn mit dem Vornamen an (eigentlich ein Tabubruch) und erklärte, dass man Tiere nicht töten sollte. Eigentlich ist der Buddhismus eine vegetaraische Religion, aber viele halten sich nicht dran.
Damit ist dder Mihintale-Tempel der älteste des Landes.
Auf dem Parkplatz nach dem ersten Drittel bekommen wir Sitzkissen und betrachten zwei große Steintafeln. Sie wurden 67 v.Chr. geschrieben. Die Linke enthält Gebote, die Rechte Verbote.

Wir laufen das zweite Drittel hoch und erreichen die bei buddhistischen Tempeln übliche Schuhverwahrung, von wo aus wir das letzte Drittel zum Stupa barfuß hochlaufen.


Vor dem Stupa treffen wir nach dem Opfern unserer Blauen Wasserlilien (für einen Wunsch) dem Mönch, mit dem wir zum Meditieren verabredet sind.

Zuerst macht Uparathne eine Ansage: Er wollte keine Religion verbreiten. Er wolle auch nicht ändern, was wir tun. Er denke nicht, dass das jeder tun müsse, was er sage.
Wir starten die Medition. Ich habe Angst, in Anwesenheit der Affen meine Augen zu schließen und packe meinen Fotokram in meine Fototasche. Dafür muss das selbst angemischte Schwip Schwap Zero leider nach draußen.
Bei der Medition geht es anschließend darum, die Gedanken zu pausieren, da uns die Gedanken erschöpften, meint der Uparathne. Also Augen zu los geht’s.
Kurz vor Ende der Medition wird die Sitzung dann durch einen Schrei von mir abgebrochen:

Bei den meisten führt die Situation zu Gelächter – bei den Affen zu erhöhtem Koffeinspiegel. Die Gruppe hat Angst, dass die Affen jetzt aggressiv werden und mehr Cola wollen, da sie genau wie ich koffeinsüchtig würden, oder das nicht vertragen würden. Aber da habe ich seit den Batu-Höhlen keine Sorgen mehr, wo die Affen auch Energy-Drinks getrunken haben.

Egal, es hat eh gerade angefangen zu regnen. Also ab ins Kloster, das unterhalb des Stupas auf Höhe. Dort ist eine Fragestunde mit Uparathne, auf Neudeutsch AMA genannt (Ask Me Anything).
- Wie schläft man beim Meditieren nicht ein?
- Übung.
- Was ist dein Alltag?
- Früh aufstehen, Säubern des Tempels, Touristen, Mittag schon vor 12 essen, Wäsche waschen, Gebete, 21:30 bis 22:00 schlafen gehen.
- Was hat dazu geführt, dass du so fest an Buddha glaubst, dass du Mönch geworden bist?
- „Ich glaube nicht an Buddha. Ich glaube nicht nicht an Buddha. Ich kenne Buddha.“
- Warum bist du Mönch geworden?
- Als Kind braucht man Liebe und Respekt. Und das habe ich hier bekommen. Deshalb lebe ich seit ich 11 bin im Kloster. Ich habe das frei entschieden. Jetzt bin ich 35. Bis ich 25 war, habe ich mich das auch oft gefragt. Von den 36 Mönchen, die gleichzeitig mit mir angefangen haben, sind noch drei hier, aber das ist relativ einfach möglich. Vor allem früher wurde das oft als Scheitern angesehen. Bevor man offiziell Mönch wird, arbeitet man gut ein halbes Jahr täglich im Kloster.
- Was hat deine Mutter gesagt, als du ihr gesagt hast, dass du Mönch werden möchtest?
- Sie hat eine bis zwei Wochen geweint. Aber meine Großeltern haben sie überzeugt, dass das gut ist, dass ich Mönch werde.
- Fehlt dir etwas durch die Regeln [für Mönche]?
- „Die meisten Dinge [Anm. Janni: gemeint sein dürften Maximen #praktischevernunft] kommen durch die eigene Überzeugung.“ Regeln kommen, von der Religion als Organisation, nicht von Buddha.
- Gibst du Leuten Rat?
- Er findet, es sei gefährlich, Leuten Rat zu geben. Besser ist es, Rat zu erhalten. Er selbst wolle ja auch nichts geändert.
- Reist du?
- Ja, ich gehe Backpacken. 3 bis 4 Monate Reise, 6 Monate hier.
So, hier mal eben kurz Abbruch und ein Einschub in Richtung Firma zu Hause: „Niklas, warum können wir das nicht?“ So, weiter geht’s.
- Woher hast du das Geld dafür?
- Ich bekomme Geld für meine Dienstleistungen wie z. B. Heilen.
- Was ist mit Hobbies?
- Ich hatte eine Kamera und habe schöne Bilder gemacht. Und ich hatte eine Gitarre. Musik ist den Mönchen verboten.
- Hast du ein Smartphone?
- Ja. „Du darfst ein Smartphone benutzen, aber dich nicht davon benutzen lassen. Du darfst Social Media benutzen, aber dich nicht davon benutzen lassen. Du darfst ein Gehirn benutzen, aber dich nicht davon benutzen lassen.“
- Hast du weiter eine öffentliche Schule benutzt?
- Nein. Ich bin auf eine Mönchsschule gegangen. Wenn man studiert, geht man aber auf eine staatliche Universität.
So schlecht kann die Mönchsschule nicht sein, denn Uparathne spricht sehr gut Englisch, auch wenn er die Medition eben auf Singhalesisch gemacht hat.
- Verfolgst du Nachrichten [gemeint ist Politik]?
- Schon, aber Politik ist Macht. Mir geht es aber um Liebe. Daher ist das für mich nicht wichtig. Ich will ja auch nichts ändern.
- Dürft ihr heiraten?
- Nein, wir nicht. In Nepal dürfen Mönche das.
- Darfst du denn eine feste Freundin haben?
- Nein.
Zum Schluss noch eine Weitheit:
Mutter ist der Buddha zu Hause.
Nach der Lehrstunde laufen wir noch barfuß den Felsen hoch. Er hat auf weiten Teilen praktisch keine Stufen und ist natürlich komplett nass. Viele von uns, mich eingeschlossen, haben dabei als zusätzliche Herausforderung das Sitzkissen dabei, obwohl wir es auch unten lassen hätten können.

Ich danke Buddha, dass ich mich auf dem Felsen nicht langgemacht habe.
Dann geht es zurück zum Bus. Dabei kommt sogar mal die Sonne raus.

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