Tansania Vormittag 10: Stone Town – Gefängnisinsel für Sklaven
Wenn ich mir anschaue, wie viele Läden für Tansanit-Edelsteine es hier gibt, stellt sich nicht mehr die Frage, warum das Viertel Stone Town heißt. Aber vielleicht bekommen wir andere Antworten?
Wir bekommen um 8 Uhr eine Stadttour durch Stone Town, dem Stadtteil von Sansibar-Stadt, in dem unser Hotel liegt.
Genauer gesagt bekommen wir das erst um 8:20, weil unser Guide zu spät ist.
Gebäude in Stone Town dürfen nur mit Korallenstein errichtet werden. Viele Häuser sind aber undicht geworden, weshalb die Menschen in der Regenzeit „Plattenbauten“ ziehen (in der Trockenzeit müssten sie Miete bezahlen und ziehen wieder aus). Damit bezeichnet der Guide wiederholt Gebäude aus der deutschen Kolonialzeit – Plattenbau dürften den Deutschen erst ab 1926 bekannt gewesen sein. Ich überlege, was damit gemeint sein könnte, und vermute das hier:

Wellblechhütten waren zur deutschen Kolonialzeit bereits erfunden. Wenn ich mir den Zustand der meisten Privatgebäude in Stone Town ansehe, dann habe ich keine Fragen mehr, warum es reinregnet. Und warum da nicht gegen gemacht wird, liegt vermutlich daran, dass wir in Afrika sein.

Under Guide erklärt uns die verschiedenen Türen. Es gibt indische Türen, die rund sind, sowie arabische Türen, die eckig sind. Und welche, die spitz sind, wovon man sich erhoffte, Elefanten zu verschrecken. Auf Sansibar gab es keine Elefanten.
Wir kommen zum Darajani-Basar. Der ist benannt nach einer Brücke, die hier 1950 gebaut wurde, um die Sansibar-Stadt und Stone Town zu verbinden, zwischen denen bis dahin ein Fluss lag. Der Basar ist älter, denn er wurde bereits 1882–84 gebaut vom dritten Sultan, einem Omani. Wir konnten gestern bereits viel zur Geschichte Sansibars im Bordmagazin „Paa“ lesen. Da gab es auch die Geschichte der Prinzessin Emily Ruete (auch Prinzessin Salme), die einen Hamburger Kaufmann heirate, ins Deutsche Reich zog und deren Autobiografie (1886) die erste einer Araberin ist.

Wir gehen in den Basar. „Erst Foto machen, dann Nase zuhalten“, meint der Guide, denn im Fischmarkt ist alles ungekühlt.

Direkt hinter dem Darajani-Basar befindet sich der Hühnermarkt. Der Guide erklärt die drei verschiedenen Arten von Hühnern: Suppenhühner, Legehühner und Fleischhühner.


Wir kommen zu Jaws Corner, einem Platz, bei dem sich die Männer um halb 17 zum Domino und Fernsehen treffen. Eigentlich ist um 21 Uhr Schluss für verheiratete Männer, aber einige Alte bleiben länger. Dann gibt’s Ärger vom Hausdrachen.

Sansibar ist zwar ganz überwiegend muslimisch, aber es gibt auch eine große Kirche, St. Josef, an der wir vorbeikommen. Die Religionen kommen gut miteinander aus. Gemische Ehen sind kein Problem: Das erste Kind erhält eine Religion, das zweite Kind die andere. Später dürfen die Kinder sich auch umentscheiden. Feste wie das Zuckerfest (Ende des Ramadan) und Weihnachten werden ebenfalls von beiden Religionen gefeiert.
Sansibar war wie gesagt im Besitz des Oman. Hier wurden Sklaven rekrutiert, die man beispielsweise nach Arabien, Mauritius und auf die Seychellen brachte.

Der 40 Jahre lang so angewendete Selektionsprozess war hart: Erst wurden die Sklaven hier 3 Tage lang eingesperrt, ohne Essen, Trinken und Toilette. Dann mussten sie einen Tag angekettet in der Sonne liegen und dann ging’s zum Schlagen an den Mangobaum. Wer weinte, wurde getötet, der Rest wurde exportiert. Das galt auch für Frauen und Kinder.
Letzter Stopp ist der Park vorm „Haus der Wunder“, das einige Premieren für Afrika hält, zum Beispiel das erste Haus mit Strom und das erste Haus mit einem Aufzug in Afrika gewesen zu sein. Es wurde in 2 Jahren erbaut – und wird jetzt schon seit 7 Jahren restauriert, nachdem 14 Säulen eingestürzt sind. Vom Gebäude ist aktuell kaum was zu erkennen.
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