Kríti (Kreta) IIII Tag 3: Réthymno, Kíssamos, Bálos, Ímeri Gramvoúsa, Kíssamos, Iráklio, Hannover – Durchblick
Wenn man selbst im Kreta-Urlaub erkannt wird...
Gestern Abend standen zwei Fläschchen Olivenöl in meinem Zimmer. Geschenk vom Hotel. Die Menge steht nicht drauf, aber es sind mehr als 100 ml. Ich frage, ob ich damit nicht Probleme bekommen könnte, wenn ich nur mit Handgepäck fliege. „Das passt schon“, meint die Frau, „wir haben die extra so groß gemacht“. Na dann.
Das Hotel Minos macht morgen zu, das Minos Embassador am 17. November. Aufgrund des guten Wetters und warmen Klimas kann ich ein so scharfes Saisonende nicht nachvollziehen. Die meisten Aktivitäten auf Kreta finden heute das letzte Mal statt, auch das Flugangebot beispielsweise ab Hannover sinkt wortwörtlich von heute auf morgen von zwei Umläufen am Tag auf ein oder zwei pro Woche.
Eine der Aktivitäten, die heute das letzte Mal stattfindet, ist die Bootsfahrt nach Bálos und Gramvoúsa. Die letzten beiden Tage war ich spät dran, aber heute klappt es. Eigentlich wollte ich gerne eine Tour nach Chrysí machen. Die Bootstouren (vom selben Anbieter) fanden nicht wie ursprünglich angekündigt bis 31. Oktober sondern nur bis Mitte des Monats statt. Was auch schon verwunderlich ist, wurde das Betreten der Insel kurz vor Beginn des Jahres verboten. Ich vermute, dass das Boot die Leute in die Umgebung zum Schwimmen bringt und man zur Insel schwimmen kann (mal unabhängig davon, ob man das auch darf).
Zurück zur Bootsfahrt nach Bálos und Gramvoúsa. Ich sitze neben einem Pärchen aus Stuttgart. Sie interessieren sich für den übermäßig dicken Michael-Müller-Reiseführer, den ich auf der Fahrt lese, und wir kommen ins Gespräch.
Anders als ich haben sie Schnorchelausrüstung mitgebracht und wollen in der Bálos-Bucht ein bisschen mit meiner Unterwasserkamera Fotos machen.
Zuerst laufen wir aber hoch in Richtung des Parkplatzes, wo die Autos auf dem Bild oben auch hinfahren. Ja, schon wieder Wandern mit großen Höhenunterschieden – für diese Aussicht:
Man kann nicht ignorieren, dass das auch am letzten Tag der Saison eine Massenveranstaltung ist. Wer beim Preis von 27 Euro plus 1 Euro Naturschutzgebühr etwas anderes erwartet, dem ist aber auch nicht wirklich zu helfen. Wir sind einige hundert Leute auf der Porto Gramvusa (liegt auf dem Bild oben vor Anker). Die Mehrzahl der Menschen auf dem Foto kommt durch dieses Schiff hierher. In der Hochsaison fahren auch gerne mal zwei größere Schiffe hierher – verglichen damit haben wir’s heute ja schon praktisch wie bei Robinson Crusoe.
Vielleicht lebt der ja in diesen komischen Behausungen am Strand? Bewohner sehe ich nicht, aber sie halten hier eine Ziege. Außerdem gibt es im Südosten von Bálos etliche Katzen, für die es hier Schälchen mit Wasser gibt.
Ich versuche unterdessen mit dem Fotografieren des Lebens im Wasser, ohne dass mehr als meine Füße nass werden.
Wir auch die ausgewachsenen Ringelbrassen sind die Larven sehr neugierig. Mich anzuknabbern trauen sie sich dann aber doch nicht. Sobald ich mich bewege, sind sie sofort weg. Aber zwei junge Fische sind überhaupt nicht scheu. Kein Wunder, denn es sind vermutlich die Jungtiere eines der gefährlichsten Tiere Europas, nämlich des Petermännchens.
So, dann aber wieder an Bord und rüber nach Ímeri Gramvoúsa. Vor dem Strand liegt das Wrack der Dimitrios P, die am 7. Juli 1921 in Lübeck vom Stapel lief. Aufgrund eines Sturms ankerte sie am 6. Januar in der Bucht von Gramvoúsa, wo am 8. Januar 1968 um viertel nach 13 die Kette des linken Ankers riss, sie in Richtung Ímeri Gramvoúsa getrieben wurde und dort strandete, beladen mit 440 Tonnen Zement. Auf dem Plateau im Südwesten der Insel befindet sich eine Festung rund 120 Metern Höhe. Also hin da! Mich wundert sehr, dass mich (und hunderte andere Gäste) dort niemand erwartet und 3 Euro Eintritt haben will. Gut, die 1579–1584 errichtete venezianische Festung wurde bereits 1588 durch einen Blitzeinschlag ins Schießpulverlager zerstört und 1630 wieder aufgebaut. Sie war zwischenzeitlich in der Hand von Osmanen und „Piraten“ und ist heute ziemlich zerfallen. Es steht noch die ebenfalls zerfallene Kapelle Panagía Kléftissa („Diebeskirche“, auch Panagia Kleftrina; Mariä Verkündung geweiht), die einigermaßen erhaltene Mini-Moschee und zwei komische kleine Gebäude mit Kuppel. Der Eingangsbereich ist auch noch einigermaßen erhalten, ebenso die Mauern, außer im Westen bei der Moschee. Die Datenlage ist äußerst schlecht, weshalb hinter diesem Beitrag doch recht viel Recherche steckt.
An der Stelle, an der obiges Foto entstanden ist, ist es extrem windig, während es überall sonst fast windstill ist. Offenbar kommt der gesamte Luftstrom, der unten gegen das Plateau drückt, hier hochgeschossen.
Ich gebe den Stuttgartern meine Blogadresse, damit sie sich meine Erfahrungsberichte von gAdventures anschauen können. „Hast du mal Guild Wars gespielt? Bist du der, der das GuildWiki am Leben hält?“, fragt mich der Typ dann. Ich komme den ganzen Abend nicht darauf klar, wie klein die Welt doch ist. Und dass ich nicht mal unerkannt auf Kreta Urlaub machen kann.
Nach der Tour werfe ich meine Postkarten beim Postamt in Kíssamos in den Briefkasten und esse in einer Taverne einen Dákos (typisch kretische Vorspeise, Zwischending zwischen Bauernsalat („griechischer Salat“) und Bruschetta) und Pommes.
Dann ab nach Iráklio, Mietwagen zurückgeben. Diesmal auch nicht auf den letzten Drücker, sondern anderthalb Stunden vor Abflug. „Dem Straßenverlauf von Vórios Odikós Áxonas Krítis für 173 Kilometer folgen.“ Die VOAK beginnt hier und verläuft Gen Osten bis nach Ágios Nikólaos.
Jetzt wird es spannend. Anders als sonst am Flughafen Iráklio muss ich meine Flüssigkeiten einzeln vorzeigen, was auch daran liegen könnte, dass diesmal außer mir niemand an der Sicherheitskontrolle ist. Okay, das könnte jetzt Ärger geben. Nach dem Scannen des Gepäcks schaut sich das Sicherheitspersonal die Fläschchen genau an. Von oben, von der Seite, von unten. Alles okay. Das geübte kretische Auge erkennt echtes Olivenöl offenbar sofort.
Nachtrag Juli 2023: Die Flaschen enthalten nur 100 ml Olivenöl, obwohl sie deutlich größer aussehen. Alles in Ordnung also.
Zwar fährt man am Flughafen Nikos Kazantzakis immer mit dem Bus zwischen Gate und Flugzeug, selbst wenn es nur eine sehr kurze Strecke ist, aber diesmal lohnt es sich sogar, da die Boeing 737-84P 9H-TJD
der Corendon wirklich weit draußen steht. Als eine Flugbegleiterin sieht, dass ich nur gebückt durch die Flugzeugtür passe, sagt sie auf Englisch, dass sie hofft, dass ich einen Sitz am Notausgang bekommen habe. Habe ich sogar. 16E.
Auf der Rückfahrt fahre ich im Windschatten eines 95 km/h schnellen tschechischen Lasters (der eigentlich nur 90 fahren darf), wodurch ich 29 SOC vom e-up! verbrauche und schon nach gut 50 Minuten zu Hause bin. Meine Unterschenkel tun weh vom vielen Wandern. Dann kann ich ja morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, dafür braucht man ja nur die Oberschenkel.
Kommentare
Fabian (Gast) meinte am Dienstag dem 15. November 2022 um 22:11 Uhr:
Hey Janni,
in diesem Blogartikel haben wir uns glatt wiedererkannt :D
Das war schon ein sehr witziger Zufall. Ich konnte es Tage später noch nicht komplett fassen.
Der Blog ist nicht minder interessant als das Wiki. Daher werde ich auch hier deine Dokumentationstätigkeit regelmäßig verfolgen.
Viele Grüße
Fabian und Vanessa