Corona Doch-Nicht-Zufallszahlen: Weihnachtsmarkt oder Ballermann?

Aber scheiß drauf, Weihnachtsmarkt ist nur einmal im Jahr / Ole, ole! Und schalalala!

geschrieben von Janni Sonntag, 14. November 2021 um 16:40 Uhr

Die Tagesschau schrieb am Donnerstag, dass Sachsen Ministerpräsident Kretschmer Weihnachtsmärkte verbieten möchte – die seien unverantwortbar:

Man kann sich doch nicht vorstellen, dass man auf dem Weihnachtsmarkt steht, Glühwein trinkt, und in den Krankenhäusern ist alles am Ende und man kämpft um die letzten Ressourcen

Söder forderte daraufhin eine bundeseinheitliche Regelung für Weihnachtsmärkte.

Unter diesen beiden Aussagen befindet sich in dem Artikel die Corona-Karte. Landesgrenzen sind eingezeichnet, aber komplett unnötig – sieben Länder sind von den anderen neun sofort zu unterscheiden. Ich stelle das mit folgender Grafik dar:

Vergleich zwischen Zweitimpfquote (Y) und Inzidenz (X) in Deutschland
Vergleich zwischen Zweitimpfquote in Prozent (Y) und 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner (X) (Quelle der Daten: Tagesschau.de).
Rot umkreist sind Länder mit Abweichung zwischen Erst- und Zweitimpfung von mindestens 3%p. Die Schweife zeigen den Unterschied zum 30. Oktober, der im Optimalfall möglichst weit nach oben (viel geimpft) und links (Inzidenz gesunken) zeigen sollte. Er zeigt aber bei allen Ländern nach oben rechts. Man beachte vor allem den Südosten (nicht nur auf der Karte unten rechts, auch hier) – aber auch das Saarland hat es unter den Nordwestländern vom knapp geschlagenen Zweiten beim letzten Mal zum schlechtesten in Sachen Inzidenz geschafft.
Hinweis: Der Wert für MV dürfte nicht stimmen, da Ludwigslust-Parchim nach einem Hackerangriff am 15. Oktober immer noch keine Statistiken übermittelt. Mit einer Inzidenz von 183,2 (Freitag, 16:00) liegt es knapp über dem Landesschnitt. Ob es Impfzahlen übermittelt, weiß ich nicht, ebenso muss man fragen, ob das RKI die übermittelten Infektionen von MV durch die Einwohnerzahl ohne (1,4 Mio.) oder mit Ludwigslust-Parchim (1,61 Mio.) teilt.

„Weihnachtsmärkte sind nicht der Ballermann auf Mallorca.“, meint der Präsident des Schaustellerverband. Sie gehörten zur Tradition. Ich weiß nicht, ob der Herr sich erdreistet, dem Saufen am Ballermann den Status einer Tradition abzusprechen. Aber wir schauen mal kurz auf die Insel:

Spanien veröffentlich – wie viele andere Länder, aber anders als Deutschland – lediglich eine 14-Tage-Inzidenz. (In der Statistik des ECDC ist Spanien das einzige Land, bei dem die 7-Tage-Statistik komplett fehlt.) Die beträgt auf den Balearen 103,2. Anhand eines leichten Anstiegs in den letzten zwei Wochen, würde ich die 7-Tage-Inzidenz auf knapp 60 schätzen. Die Impfquote beträgt 73,5% bei den Erstimpfungen und 72,2% bei den vollständigen. Im europäischen Spanien steigt die Impfquote von Ost nach West beträchtlich – und die 14-Tage-Inzidenz nimmt tendenziell ab. Am höchsten ist sie zwar in Navarra (158,35), das mittig im Norden liegt, am niedrigsten jedoch in Galizien (36,9) ganz im Westen mit der höchsten Impfquote (ca. 85% bei beidem). Bevor irgendwelche Leute anrufen, die kein Hochdeutsch können: Nein, ich hab bei den Inzidenzen keine Nullen vergessen.

Schauen wir uns das einfach mal auf europäischer Ebene (im EWR) an:

Vergleich zwischen Zweitimpfquote (Y) und Inzidenz (X) im Europäischen Wirtschaftsraum
Vergleich zwischen Zweitimpfquote in Prozent (Y) und 14-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner (X) im EWR (Quelle der Daten: ECDC).
Gelb markiert ist der Bereich, in dem (die Mittelpunkte von Markern für) deutsche Länder im Dokument mit den Inzidenzen (also 14-Tage-Inzidenzen) und ihrer heutigen Impfquote liegen würden. Würden wir hier auch die Schweife eintragen, würden sie wohl bei Rumänien und Lettland am stärksten nach oben links zeigen. Eine positive Veränderung der Impfquote und Infektionszahlen (7-Tage-Inzidenz weniger als die Hälfte der 14-Tage-Inzidenz) haben ansonsten noch in deutlich geringerem Maße die anderen baltischen Staaten, Schweden, Bulgarien Am schlechtesten in Zypern dran, gefolgt von Liechtenstein und Griechenland.

Wir sind gar nicht so weit weg. Mit etwas Disziplin könnte eine Impfquote von 70% schon ausreichen, ab 80% scheint die Pandemie größtenteils im Griff zu sein..

Daher lehne ich auch die Häme ab, die es auf Twitter gibt, die Impfungen hätten ja nichts gebracht, u.a. weil der dreimal geimpfte saarländische Innenminister Klaus Bouillon – der älteste Minister eines deutschen Bundeslandes – jetzt Corona hat. Man male sich mal aus, was passieren würde, würde der jetzt auch noch ins Gras beißen, dann wäre die Hölle los unter #ImpftEuchInsKnie.

Vom anderen (Corona-)politischen Lager wird angemerkt, dass eine Impfung ins Knie nicht sinnvoll sei. Es wurde auf Twitter auch kritisiert, dass in NRW Karneval gefeiert wurde. Man muss aber sagen, dass die Zahlen in NRW vergleichsweise niedrig sind und Karneval draußen war.

Die Impfskeptiker sagen nun, dass wir diesen November Impfstoffe haben – aber eine doppelt so hohe Inzidenz wie letztes Jahr um diese Zeit. Wir schauen nach: Nur in einigen Bundesländern wird die Inzidenz zwischen Geimpften und Ungeimpften getrennt, nämlich Baden-Württemberg und Bayern, von einigen anderen Ländern existieren Einzelwerte auf Nachfrage. Der Unterschied beträgt in Hamburg und Baden-Württemberg etwa Faktor 20, in Sachsen-Anhalt und Bayern etwa 10. Die Landesinzidenz der Geimpften ist in Hamburg bei 20, in BW und ST so zwischen 40 und 50 und in Bayern bei knapp 100. (Stand aller Werte in diesem Absatz: ST 03.11., Rest 10.11.)

Was ich auch nicht verstehe: Im Sommer sagten Politiker: Es wird sich praktisch jeder Ungeimpfte in diesem Herbst/Winter anstecken. Und jetzt ist man überrascht, dass es so kommt. Entsprechende Politiker sind höchstwahrscheinlich nur damit überfordert, das erste Mal die Wahrheit gesagt zu haben. #Neuland Der letzte absehbare Lockdown für Ungeimpfte ist der verzweifelte Versuch der Politik, dass man am Ende des Winters doch gelogen haben wird.

Oder man führt eine Impfpflicht ein. (Grüße nach Italien!) Als ich gerade auf Twitter gegangen bin und #MaiLab auf Platz 1 der Trends war, dachte ich mir: „Das Thema ist doch sicher Impfpflicht.“ Und bingo: „Impfpflicht ist OK“.

Inzwischen glaube ich schon, dass die doch noch kommt, wobei ich mir das mit der FDP weniger vorstellen kann. Langsam reicht es, dass irgendwelche Idioten unser Gesundheitssystem belasten, indem sie sich selbst anstecken und das dann weitergeben können. 2G soll gegenüber 3G-Plus nicht verhindern, dass Ungeimpfte Geimpfte anstecken sondern dass Geimpfte Ungeimpfte anstecken.

Von 2G-Plus halte ich wenig: Mit einem Antigentest, der insbesondere bei symptomlosen Personen schlecht funktioniert, wird’s kaum besser. Die Corona-Zweitimpfung hat eine Kollegin in meinem Alter ins Krankenhaus befördert – einen Monat später hatte sie Corona mit mittleren Symptomen und der Schnelltest war negativ. 2G-Plus mit PCR-Test dürfte es nicht geben – da kann ich auch gleich Privatinsolvenz anmelden.

Ab Mai möchte die EU übrigens, dass ein unabhängiges Labor feststellt, dass die in der EU verkauften Antigentests auch tatsächlich funktionieren. Das hat ja gedauert. Bereits von September bis April hat das PEI 122 Tests überprüft, von denen 26 nicht ausreichend funktioniert haben. Die, die funktioniert haben, wurden in vier Güteklassen eingeteilt, der im vorherigen Absatz beschriebene wird dort als 18 geführt und gehört zur zweitbesten Klasse. Am besten waren 77 und 84, während 99, 107 und 118 überhaupt nicht funktioniert haben.


Ursprünglich wollte ich noch ein paar niedersächische Landkreise vergleichen. Außer meinem eigenen (Verden) stellt aber kaum ein anderer Landkreis die Daten zur Verfügung. Bei den zehn niedersächsischen Landkreisen die ich geprüft habe, hatte ich spontan nur Harburg (Winsen/Luhe) gefunden, die eine Impfquote veröffentlichen.


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Vermischtes geimpft, genesen, gefeiert

Während Joko und Klaas ihre Darmspiegelung im Fernsehen übertragen, fahre ich mit einem Kollegen nach Bremen und wir besuchen einige Weihnachtsmärkte – Südostdeutsche staunen

geschrieben von Janni Donnerstag, 25. November 2021 um 20:10 Uhr

„Da steht: ‚Für alle, die am Abend eine Kulturveranstaltung in der Innenstadt besuchen.‘ Sind Weihnachtsmärkte eine Kulturveranstaltung?“, frage ich meinen Kollegen, als wir uns gestern im Parkhaus Am Dom in Bremen das Kulturparkticket XXL kaufen. „Zur Trinkkultur, ja“, meint er.

Warum XXL? Am Sonnabend habe ich 15 Monate nach Bestellung meinen e-up! in Wolfsburg abgeholt. Damit sind wir hergekommen und wollen ihn laden. Das geht nur auf den großen Parkplätzen im Untergeschoss, die etwas mehr kosten. Das Laden selber kostet nichts, aber es gibt nur zwei Stellplätze, von denen einer immerhin frei ist. Das Kulturticket ist eine Pauschale von 18:30 bis 00:00 und lohnt sich, wenn man relativ früh kommt und über 2:30 Stunden bleibt (ohne XXL-Parkplatz ab über 2 Stunden).

Bevor wir jetzt zum Weihnachtsmarkt kommen, noch kurz ein Blick auf die verschiedenen Bundesländer:

Alles klar. Dann haben wir’s ja jetzt mit den Formalia.

Bremer Weihnachtsmarkt

Direkt am Parkhaus beginnt auch schon der Bremer Weihnachtsmarkt. Es gibt 56 Kunsthandwerker, 4 Fahrgeschäfte, 23 Süßwarenstände und 44 Imbissbetriebe.

Bremer Weihnachtsmarkt
Weihnachtsmarkt um den Dom, der Happy Sailor links ist eins der vier Fahrgeschäfte; zu welcher Kategorie der Obststand gehört, weiß ich nicht [Sigma 20mm F1,4 Art @ F1,4, 1/80 s (EV−1), ISO 100, HDR Auto]

Auffällig ist: Es ist komplett ruhig. Nirgendwo läuft Musik. Als wir den Weihnachtsmarkt verlassen, läuft dann aber an einem zweistöckigen Karussell leise Musik.

„Ein Blogpost ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“ —Loriot [Tamron 28–75mm F2,8 Di III RXD @ 29mm F2,8, 1/30 s (EV−2), ISO 400, HDR Auto, Kaleidoskop-Filter]

So, jetzt aber mit Mopsgeschwindigkeit zum Schlachtezauber.

Schlachtezauber

Freibeuterdorf der Fogelvreyen
Freibeuterdorf der Fogelvreyen von der Weser aus gesehen; rechts liegt unter anderem das Pannekoekschip (Pfannkuchenschiff) Admiral Nelson [Sigma 20mm F1,4 Art @ F1,4, 1/30 s (EV−2), ISO 400, HDR Auto]
Segelschiffmodell
Segelschiff auf dem Dach des Spezereyen-Stands am Nordende des Freibeuterdorfs [Sigma 105mm F1,4 Art @ F1,4, 1/125 s (EV−2), ISO 800, HDR Auto]
Laterne vor Fischernetzen
Während ich nur ein Foto von der Laterne mache, posiert der Pirat, dem dieser Stand gehört; hätte mein Kollege mir das nicht erzählt, hätte ich das nicht gewusst (und mich nicht so blöd gefühlt hinterher, dem Piraten gar nicht gedankt zu haben) [Sigma 105mm F1,4 Art @ F1,4, 1/125 s (EV−2,3), ISO 400, HDR Auto]

Wir gehen nochmal über den eigentlichen Weihnachtsmarkt und dann die Sögestraße entlang. An deren Ostende steht der Schweinehirte. „Die werden Weihnachten wohl überleben“, sage ich bezüglich der dortigen Schweineskultur, und mein Kollege meint: „Die werden erst geschlachtet, wenn es Materialmangel gibt.“

Schweinehirten-Schweine in der Sögestraße
Schweinehirten-Schweine am Ostende der weihnachtlich geschmückten Sögestraße [Sigma 20mm F1,4 Art @ F1,4, 1/60 s (EV−0,7), ISO 160, HDR Auto]

Da in unserem Parkticket eine Fahrkarte dabei ist, fahren wir in Richtung Findorff, wo der nächste Weihnachtsmarkt ist. Das Ticket gilt nicht ganz bis Findorff, aber ohnehin fallen gleich zwei Busse hintereinander bis zur letzten Haltestelle aus. Also laufen wir ein etwas größeres Stück.

Findorffer Winterdorf

Findorffer Winterdorf
Das mit der Maskenpflicht hat sich in Findorff noch nicht rumgesprochen [Sigma 20mm F1,4 Art @ F1,4, 1/25 s (EV−0,7), ISO 400]

Ich kaufe eine Bratwurst. Mein Kollege möchte Poffertjes kaufen, allerdings vergessen wir beide, dass die beiden von uns schon besuchten Weihnachtsmärkte um 20:30 geschlossen haben.

Fotobox-Schild mit bunter Lichterkette
Für die Schönen und Reichen: die Fotobox [Sigma 105mm F1,4 Art @ F1,4, 1/60 s (EV−0,3), ISO 400]
Toilettenhaus „Burg zum Sitzenden Kaiser“
„Burg zum Sitzenden Kaiser“ – so schön hat „Toilette“ noch nie geklungen und ausgesehen; allerdings ist diese Verkleidung eines Toilettenwagens, die bei Bedarf 3G erlauben soll, noch im Bau [Sigma 20mm F1,4 Art @ F1,4, 1/15 s (EV−1), ISO 400]

Wir gehen dann zurück zum Parkhaus. Das Auto ist auf 80% geladen und hat dabei 20 kWh Strom gezogen. Gegenwert etwa 5 Euro. Als ich zu Hause bin, ist noch mehr Strom in der Batterie, als zu dem Zeitpunkt, als war losgefahren sind – obwohl ich in Bremen an den Ampeln einem Taxi zeige, wer hier schneller beschleunigt und die Maximalgeschwindigkeit von 130 auf der Autobahn ausfahre.

Effektiv unter 7 Euro für zwei Personen ist deutlich günstiger als mit dem Zug für 22 Euro.

Mit dem Auto bin ich sehr zufrieden. Auch wenn mich Leute belächeln, dass ich mit 1,94 ein so kleines Auto fahre – das reicht mir völlig! Ich habe nie eine Probefahrt gemacht, habe aber in einem normalen up! bei einem lokalen Händler gesessen – der mir den e-up! nicht verkaufen wollte –, und festgestellt, dass ich problemlos rein passe. Daher habe ich ihn über All People's League im Internet gekauft.


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